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Ambulante medizinische Versorgung

Das Gesundheitssystem steht vor allem durch den stetigen Wandel der Gesellschaft unter einem enormen Reformdruck. Zum 01. Januar 2009 wurden bereits die  allgemeine Krankenversicherungspflicht, ein einheitlicher Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherungen, Wahltarife und der Gesundheitsfond eingeführt. Mit jedem Modernisierungsschritt gehen Verbesserungen in der Qualität der medizinischen Leistungen, mehr Wahlfreiheit, aber auch eine höhere Kostenbeteiligung für den Patienten einher. Wer kostenbewusst handelt, weiß daher mittlerweile, was Generika sind und fährt mit dem Taxi ins Krankenhaus, wenn er sich nicht gleich von einem netten Nachbarn bringen lässt.
Nach den Erhebungen zum vierten Altenbericht der Bundesregierung kontaktiert ein Mensch im Alter über 70 Jahren durchschnittlich 6,3 Mal pro Quartal den Hausarzt. Es ist also wichtiger denn je, auf dem Laufenden zu bleiben, um sich als mündiger Patient im Gesundheitssystem zu bewegen und individuelle Entscheidungen treffen zu können. Aber wie sieht es für diejenigen aus, die aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht mehr alles sehen und verstehen, ihre Informations- und Wahlrechte erfragen und durchsetzen können? Sie benötigen in ihrem persönlichen Umfeld dringend Menschen, die sich vertrauenswürdig, aufmerksam und sachkompetent für den Kranken einsetzen, um die Reformwellen sinnvoll zu nutzen.

Die gesetzlichen Regelungen im Überblick

 

Krankenversicherungspflicht

wurde für die ehemals gesetzlich Versicherten bereits zum 01. April 2007, für die ehemals privat Krankenversicherten zum 01. Januar 2009 eingeführt. Der Wechsel von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung ist nur möglich, wenn das Einkommen drei Jahre hintereinander die Beitragsbemessungsgrenze (47000 Euro) überschritten hat.  

Wahltarife

Leistungs- und Servicevergleiche können Ihnen Anlass zum Wechseln der Krankenversicherung geben. Achten Sie zum Beispiel darauf, wie die telefonische und persönliche Beratung gehandhabt wird, ob Vorsorge- und Schulungsprogramme angeboten werden oder die Kosten für alternative Heilmethoden übernommen werden. Mit den so genannten Wahltarifen (Selbstbehalt, Kosten- und Beitragsrückerstattung) können den Versicherten zur Stärkung des Wettbewerbs in verschiedenen Bereichen Vorteile eingeräumt werden. So müssen von den Kassen nun zum Beispiel Tarife für chronisch Kranke oder für Mitglieder, die sich lieber ambulant statt stationär versorgen lassen wollen, angeboten werden.

Freiwillige Zusatzversicherung

Die gesetzliche Krankenversicherung kann zusätzlich zum gesetzlichen Rahmen Versicherungsschutz zu gesonderten Beiträgen gewähren, beispielsweise für die Zahnbehandlung und –prothetik.

Basistarif

Private Krankenversicherungen müssen einen so genannten Basistarif ohne persönliche Risikozuschläge anbieten, der dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Der uneingeschränkte Wechsel vom Standard-Tarif in den Basistarif war unter Mitnahme der Altersrückstellungen nur im 1. Halbjahr 2009 möglich. Danach kommt er nur noch für ehemals privat versicherte Arbeitslose, für ältere Arbeitnehmer ab 55 Jahren sowie für hilfebedürftige Menschen in Betracht. Die Wiederaufnahme in die private Krankenversicherung darf nicht aufgrund von Krankheit oder Alter abgelehnt werden. Sollte durch die Kosten der Krankenversicherung Sozialhilfebedürftigkeit eintreten, so beteiligen sich im angemessenen Umfang die Sozialbehörden an den Kosten.

Gesundheitsfonds

Zum Ausgleich der unterschiedlich hohen Belastungen der verschiedenen gesetzlichen Krankenversicherungen wurde bereits 1994 der Risikostrukturausgleich (RSA) eingeführt. 2009 wird dazu der Gesundheitsfond aus den Beiträgen der gesetzlichen Krankenversicherung eingerichtet, der so genannte morbiditätsorientierte RSA. Für jeden chronisch kranken Versicherten (hierzu wurden 50 – 80 chronischen Erkrankungen aufgelistet) gibt es finanzielle Zuschläge für die Versicherung. Zusätzlich werden zunehmend Steuergelder in den Gesundheitsfonds einfließen, beispielsweise für beitragsfrei mitversicherte Kinder. Private Krankenversicherungen beteiligen sich an der Umverteilung weiterhin nicht.

Einheitlicher Beitragssatz

Wie bereits für die Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bestimmt der Gesetzgeber zukünftig die Höhe eines einheitlichen Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung. Ab 01. Januar 2009 beträgt er 15,5 Prozent vom Brutto-Einkommen. Für alle, die keinen Anspruch auf Krankengeld haben, beträgt der ermäßigte Beitragssatz 14 Prozent. Versicherungspflichtige Rentner zahlen einen Anteil von 8,2 Prozent der Brutto-Rente, da für sie der Arbeitgeberanteil und der zusätzliche Beitragssatz von 0,9 Prozent entfallen. Wer bisher einen höheren Beitragssatz als 14,6 Prozent hatte, bekommt ab Januar mehr ausgezahlt. Ob die Leistungen Ihrer Krankenkasse Ihren persönlichen Bedürfnissen und Servicewünschen entsprechen, können Sie über die Aktion der Verbraucherzentralen und der Stiftung Warentest abchecken: „Fragen Sie Ihre Krankenkasse.“
www.test.de/gkv
www.vzbv.de

Zusatzbeitrag

Sollte Ihre Krankenkasse auch mit den Zuweisungen aus dem Fond nicht auskommen können, kann ein Beschluss der jeweiligen Selbstverwaltung zur Erhebung eines Zusatzbeitrages von maximal ein Prozent von den Arbeitnehmern führen - das können in 2009 bis zu 36,75 Euro monatlich sein. In diesem Fall haben sie ein Sonderkündigungsrecht.  

Das Arzneimittelrecht

wurde zugunsten der Verbraucher geändert. Die Ansprüche auf Auskunft durch die Pharmaindustrie und die Rechtsposition des Patienten haben sich bei Gesundheitsschädigungen verbessert. Als klagender Patient brauchen Sie nicht mehr den für eine Privatperson fast unmöglich zu erbringenden Nachweis über direkten Zusammenhang von Medikamenteneinnahme und Gesundheitsschädigung zu erbringen.         

Evidenzbasierte Medizin

Sie haben ein Recht darauf, dass die Auswahl von Diagnosemethoden und Therapieentscheidungen sowohl nach Erfahrungswissen als auch nach den modernsten Erkenntnissen medizinischer Forschung zu Ihrem Nutzen zur Anwendung kommt. Zudem haben Sie ein Anrecht auf verständliche Aufklärung über die diagnostizierte Erkrankung sowie über die gewählte Behandlungsform und deren Risiken. Die Informationsflut in den Medien zum Thema Krankheiten und deren neueste Behandlungsmethoden ist schier unübersehbar und für den Laien kaum zu bewerten. Fragen Sie daher Ihren Arzt oder bei Ihrer Krankenkasse nach!

Die Unabhängige Patientenberatung (UPD)

informiert und berät in 22 Städten der Bundesrepublik über Patientenrechte. In unterschiedlicher Trägerschaft gibt sie Orientierung im Gesundheitswesen und zu den Leistungen der Krankenkassen. Konflikte mit Ärzten oder Krankenkassen können mit sachkundigen und neutralen Fachkräften besprochen werden, ebenso wie Fragen zu Behandlungsmöglichkeiten oder ein Verdacht auf Behandlungsfehler. Über eine kostenfreie Rufnummer ist sie bundesweit erreichbar, um den Beratungs- und Informationsbedarf zu den Leistungen der Kassen, zu gesetzlichen Neuregelungen, zu Arznei- und Hilfsmitteln, zu Therapien und Krankheitsbildern sowie  zum Themenfeld Zahnbehandlung zu decken:     

0800 0117722                (montags-freitags von 10-18 Uhr gebührenfrei)
www.unabhaengige-patientenBeratung.de
www.upd-online.de    

Ambulante Versorgungsmöglichkeiten

 

Hilfe bei Sehschwäche

Eine der häufigsten Erkrankungen im Alter sind Sehschwächen. Oft ist die Ursache in anderen Erkrankungen zu finden, wie beispielsweise Diabetes oder Venenerkrankungen, es können aber auch eigenständige Augenerkrankungen vorliegen, wie der "graue" und der "grüne Star“. Die Einbußen der Sehkraft sind entsprechend verschieden und erfordern unterschiedliche Behandlungsmethoden und Hilfsmittel. Daher sollte eine diagnostische Abklärung beim Augenarzt jeder Behandlung und Einnahme von Medikamenten vorweggehen. Keinesfalls sollten Sie nachlassende Sehfähigkeit einfach als altersbedingt hinnehmen. Die Operation am „grauen Star“ gehört bereits zu den Routineeingriffen, die standardmäßig ambulant beim Augenarzt durchgeführt wird, wenn der Verlust der Sehschärfe in etwa 50 Prozent erreicht hat.          
www.augeninfo.de          

Hörgeräte

Schwerhörigkeit ist im Alter leider keine Seltenheit, allerdings führt oft eine falsche Scham zu einer Verkennung des Problems. Solche durch Alter oder Krankheit bedingten körperlichen Einschränkungen müssen nicht zur gesellschaftlichen Isolation führen. Die moderne Technik bietet heute sehr effektive Hörgeräte und Hörhilfen an, über die der Hörakustiker fachkundig berät. Viele Modelle fallen auch optisch nicht mehr negativ auf.
 

Rehabilitation nach einer Krankheit

In Sinne von "Vorbeugung statt Kranken- und Altenpflege" werden vorbeugende, rehabilitative Maßnahmen von den Krankenkassen angeboten bzw. finanziert, wie beispielsweise Bewegungsangebote für Patienten nach der Diagnose von Osteoporose. Fragen Sie Ihre Krankenkasse.      

Rehabilitationsnachsorgeprogramme werden durch die Rentenversicherungsträger finanziert. Die Empfehlung dazu muss vom Ärzteteam der Rehabilitationseinrichtung erfolgen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Rentenversicherung.     
www.deutsche-rentenversicherung.de

Integrierte Versorgung

Der Begriff bezeichnet die erfolgreiche Abstimmung eines Behandlungsprogramms auf Erkrankungen, die komplexe Behandlungen von Krankenhaus, Rehabilitationseinrichtung und niedergelassenen Ärzten erforderlich machen. Beispiele dafür sind Depressionen, Bandscheibenvorfälle sowie Hüft- und Kniegelenkoperationen. Die Krankenkasse spart über spezialisierte medizinische Netzwerke Kosten, von denen Sie als Patient seit 2007 oft doppelt profitieren: Durch gute Behandlungserfolge und Bonifikationen der Krankenkasse.

Chronikerprogramme

Behandlungskonzepte nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen für chronisch kranke Patienten können freiwillig zwischen dem Patienten, dem Arzt  bzw. Therapeuten und der Krankenkasse abgestimmt werden. Behandlungsleitfäden empfehlen eine bestimmte Vorgehensweise, die individuell angepasst werden kann. Der Patient übt sich in einem gesundheitsfördernden Verhalten zu der vorliegenden Erkrankung, zu denen zum Beispiel Diabetes, Brustkrebs, koronare Herzerkrankung, Asthma und Atemwegverengung zählen können. Der beteiligte Arzt verpflichtet sich dabei zu regelmäßigen Schulungen und Aufklärungsarbeit.   
www.diegesundheitsreform.de

Versandapotheke

Seit dem 01. Januar 2004 ist der Versandhandel von Arzneimitteln in Deutschland erlaubt. Versandapotheken unterliegen genau wie die „normalen“ Apotheken der Apothekenaufsicht. Auf verschreibungspflichtige Medikamente dürfen Apotheken keine Rabatte geben, allerdings handeln Krankenkassen und Pharmaindustrie zum Vorteil der Versicherten oft Sonderkonditionen aus. Ohne Rezept verkäufliche Medikamente und sonstige Artikel unterliegen dem freien Wettbewerb.
Zur Absicherung des Risikos einer Medikamentenunverträglichkeit gibt es bei gewissenhaften Versandapotheken Fragebögen, in denen die Patienten alle freien und verordneten Medikamente eintragen können, die sie zu sich nehmen. Wer also insbesondere für längerfristig eingenommene Medikamente keine Fachberatung benötigt, kann die bequeme Bestellung über das Internet nutzen und die Ware direkt ins Haus liefern lassen - besonders im Alter ein sehr attraktives Angebot, das Ihnen lange Wege ersparen kann.
2009 wurde ein Bundesregister für Versandapotheken eingeführt. So können Sie als Verbraucher deren Zulassung überprüfen. Bis dato können Sie sich über das Impressum, die Beteiligung durch Präsenzapotheken und die Kooperationspartner einen Eindruck verschaffen. Sehr aufschlussreich sind zudem die Ergebnisse der Stiftung Warentest aus dem Jahre 2004.
Die Apotheken vor Ort betonen häufig den Beratungsvorteil, den sie im Gegensatz zum Online-Angebot zu bieten haben. Aber weder Präsenz- noch Versandapotheke ersetzen den Arzt!

Apotheke vor Ort

Möchten Sie sich lieber nicht nur auf das neumodische Internet verlassen? Der zweite große Ansprechpartner in Sachen Medikamenten ist nach dem Hausarzt natürlich die Apotheke vor Ort. Im Gegensatz zu einer Versandapotheke erhalten Sie hier eine kompetente und einfühlsame Beratung des geschulten Personals. Auch über eventuelle Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten weiß man hier bestens Bescheid. Zudem kann hier ganz leicht Blutzucker oder Blutdruck gemessen werden.

Besonderheiten bei Auslandsaufenthalt

Für die Besonderheiten des Krankenschutzes im Urlaub und bei längeren Aufenthalten im Ausland fragen Sie bitte bei Ihrer Krankenkasse nach. Für Ausländer in Deutschland gibt es beim Max-Planck-Institut eine Fachstelle für ausländisches und internationales Sozialrecht und ein Internet-Portal mit etlichen Informationen dazu in verschiedenen Sprachen zum Download.      

 

Foto: bigstockphoto.com, ID 31284335, 2013

Datum der Veröffentlichung: 13.10.2014



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