Seite 6 - Leben, wohnen und arbeiten in Gammertingen

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Stadt Gammertingen
Geschichte der Stadt Gammertingen
Gammertingen
Vor rund 3.000 Jahren befand
sich an der Stelle von Gammer-
tingen eine Siedlung, von der
nicht nur Siedlungsreste, son-
dern auch ein Urnengräber-
feld, darunter ein „Fürsten-
grab“, ausgegraben wurden.
Im ersten Jahrhundert n. Chr.
entstand in Gammertingen
eine Römersiedlung, von der
u. a. ein Badgebäude aufge-
deckt wurde. Um die Mitte des
3. Jahrhunderts gaben die Rö-
mer ihre rechtsrheinischen Ge-
biete auf. Schon 1884 war in
Gammertingen ein großer
Alemannenfriedhof entdeckt
worden. Bei den folgenden
Ausgrabungen,
besonders
denjenigen von Johannes Dorn
1902/03, wurden zahlreiche
bedeutende Funde gemacht,
darunter ein Kettenhemd und
ein vergoldeter Spangenhelm.
Im Jahr 1101 wird Gammertin-
gen erstmals in einer Urkunde
des Klosters Allerheiligen in
Schaffhausen erwähnt. Damals
saß in Gammertingen das
Hochadelsgeschlecht der Gra-
fen vonGammertingen, denen
auch das Oberengadin mit
Zuoz und Pontresina gehörte.
1963 wurde auf einem Felsen
über demFehlatal die Burg Bal-
denstein – die im frühen 11.
Jahrhundert errichtete erste
Höhenburg der Grafen von
Gammertingen – ausgegraben.
Etwa 20 Jahre später wur-
de in der Gammertinger St.
Michaels­kirche auch die Grab-
lege der Grafen von Gammer-
tingen gefunden. Die Kirche
wurde um 980 in einer an der
Lauchert gelegenen Niede-
rungsburg der Grafen gegrün-
det und beherbergte bis ca.
1110, als Graf Ulrich I. starb,
die Familiengrablege.
Nachfolger der Grafen von
Gammertingenwaren seit dem
13. Jahrhundert die Grafen von
Veringen. Diese nützten die
günstigste Lage an der Straße
vom Burladinger Pass zur Do-
nau um eine Stadt mit Mauern
und Wassergraben zu grün-
den, wobei sie die Überreste
der alten Niederungsburg um
St. Michael vermutlich vollstän-
dig integrierten. Die Bürger
und Handwerker in der Stadt
entwickelten einen gewissen
Wohlstand, Selbstverwaltung
und ihr eigenes Gericht. Auch
Niederadelsgeschlechter aus
der Umgebung zogen in die
Stadt. 1351 ist eine umfangrei-
che bürgerschaftliche Altarstif-
tung an der Pfarrkirche St. Leo­
degar nachgewiesen, bei der
es sich um die vermutlich seit
frühmittelalterlicher Zeit be-
stehende alte Dorfkirche han-
deln dürfte. Der Westturm mit
Staffelgiebel stammt gefüge-
kundlichwohl aus der 1. Hälfte
des 16. Jahrhunderts, das Lang-
haus wurde 1803/04 neu er-
richtet.
1524 wurde die Herrschaft
Gammertingen von dem Ura-
cher Obervogt Dietrich Speth
von Zwiefalten erworben.
Nach einem württember-
gisch-protestantischen Zwi-
schenspiel 1534-47 kehrten die
von Speth zurück und legten
in den 1560ern Jahren den
Grundstein zur neuen stadt-
herrschaftlichen Residenz an
der Lauchertbrücke, die zuerst
von Philipp Dietrich von Speth
und seiner Frau Dorothea von
Rechberg bewohnt wurde. In
der Folgezeit versuchten die
Stadtherren den Bürgern im-
mer mehr Rechte zu nehmen
und sie auf den Stand leibeige-
ner Bauern zu drücken, was
ständige Streitigkeiten und
Prozesse zwischen Bürgern und
Herrschaft hervorrief. Im Drei-
ßigjährigen Krieg hatte die
Stadt viel zu leiden. Ein großer
Teil der Bürger starb anHunger
und Krankheiten. Die Herr-
schaft Gammertingen blieb
eine selbstständige Reichs­
ritterherrschaft bis 1806. 1775
wurde in Gammertingen mit
demBau eines neuen Schlosses
nach Plänen des französischen
Architekten D´Ixnard begon-
nen. Im gleichen Jahr bekam
die Stadt eine Thurn und Taxis`­
sche Poststation.
Seit 1796 hatte die Stadt unter
ständigen Truppendurchmär-
schen zu leiden. Die Franzosen
plünderten, die Österreicher
verlangten Kriegskontributio-
nen. Im Jahr 1806 kam Gam-
mertingen unter die Oberho-
heit des Fürstentums Hohen-
zollern-Sigmaringen, das zum
Rheinbund gehörte. Erst seit
1815 herrschtewieder Frieden.
1827 verkauften die Freiherren
von Speth ihren ganzen Besitz
an das Fürstenhaus Hohenzol-
lern-Sigmaringen, von dem
1862 die Stadt das speth`sche
Schloss kaufte. Es wird seither
als Rathaus genutzt. Das
speth`sche
Obervogteiamt
wurde fürstliches Oberamt.
1850 wurde es preußisches
Oberamt. Gammertingen ent-
wickelte sich in dieser Zeit zu
einer kleinen Behördenstadt
mit Oberamt, Amtsgericht,
Forst­amt und Katasteramt. Ab
1876 wurde in Gammertingen
sogar eine eigene Zeitung, die
„Lauchert-Zeitung“, herausge-
geben. Durch den Bau der Ho-
henzollerischen Landesbahn
(seit 1901), deren Betriebsstät-
te inGammertingen eingerich-
tet wurde, erhielt die Stadt
wirtschaftlichen Auftrieb. Um
diese Zeit begann auch ei-
ne bescheidene Industrialisie-
rung. 1925wurde das Oberamt
Gammertingen aufgelöst und
demOberamt Sigmaringen zu-
geschlagen. Als Ausgleich be-
kam Gammertingen das Kreis­
altersheim, in dem sich wegen
der schönen Lage auch über
viele Jahre ­hinweg ein Kurbe-
Gerhard Buck:
„Ich wohne seit meiner Ge-
burt in Gammertingen und
kann es mir gar nicht anders
vorstellen. Da es mir gut ge-
fällt, bringt mich hier auch
keiner mehr weg!“
Goldener Helm
Blick vom Hummelberg um
1900 auf den historischen
Stadtkern mit der Kirche
St. Leodegar, sowie dem
Stadtgraben (seit 1967 ein
Spazierweg) und Teile der
Stadtmauer. Auch heute
kann man vom Hummelberg-
weg aus die Entwicklung
Gammertingens seit der
Stadtgründung im 13. Jahr-
hundert ganz gut erkennen.