Wohnen & Leben / Portrait

Kröpelin

Wer in Kröpelin einen Schuster braucht, muss lange suchen in der einstigen Schuster- und Schuhmacherstadt. Gerade einmal ein Vertreter des Schusterhandwerks ist auf der städtischen Homepage unter Handwerk, Gewerbe und Dienstleistung eingetragen. Im Mittelalter hatten die Schuster in der Stadt Hochkonjunktur, allein im Jahr 1867 gab es 135 eingetragene Schuster. Aber auch zahlreiche Bäcker und Schlachter ließen sich in der Stadt nieder. Heute sind Filialketten an die Stelle des guten, alten Schuhmacherhandwerks getreten. Und auch familiengeführte Bäckereien und Schlachterbetriebe sind bundesweit nahezu verschwunden.

 

Kröpelin ist auch eine Stadt der Mühlen. Bereits im 13. Jahrhundert wurde die erste Wassermühle erwähnt, 1620 die erste Windmühle gebaut. 1906 nahm eine sogenannte Hochholländermühle ihren Betrieb auf. Bis zum Jahre 1952 mahlte sie mittels Windkraft Getreide. Heute ist die attraktive Mühle das Wahrzeichen der Stadt Kröpelin. Am 20. Dezember 2013 wurde sie nach gründlicher Sanierung feierlich wiedereröffnet. Während der Eröffnungsphase wird sie als Galerie genutzt. Es gibt aber auch Überlegungen, ein Schustermuseum darin unterzubringen.  

 

Die Fertigstellung der Mühle war der letzte große Kraftakt eines über 20 Jahre währenden Sanierungsmarathons. Die Sanierungsmaßnahmen sind Teil des Städetbauförderungsprogramms. Seit 1991 wurde im Rahmen dieser Förderung der Stadtkern mit Zuschüssen von Bund und Land runderneuert. Heute präsentiert sich die sympathische Kleinstadt mit ihren etwa 5700 Einwohnern modern, bürgernah und familienfreundlich. Bei aller Aufbruchstimmung lässt sich jedoch nicht verleugnen, dass die Stadt Kröpelin und ihre Stadtteile über die Jahre an Einwohnern verlieren. Geschuldet der Wiedervereinigung, die neben großer Freude und Dankbarkeit auch Arbeitslosigkeit in die Stadt und die gesamte Region  brachte: Betriebe mussten aufgeben, Genossenschaften schlossen ihre Pforten, Kinderbetreuungsstätten wurden zusammengelegt und viele junge Menschen wanderten ab. 

 

Dem musste unbedingt Einhalt geboten werden. Schrittweise wurde Kröpelin modernisiert. 1994 erstrahlte das prächtige Rathaus in neuem Glanz. Der Marktplatz und die umliegenden Gebäude wurden auf Vordermann gebracht. Die gesamte Stadt erhielt ein neues Erscheinungsbild: schöner, attraktiver, moderner. 1995 eröffnete die Arbeiterwohlfahrt (AWO) auf dem Wedenberg ein Alten- und Pflegeheim. Und auch der Ruf der Bürger nach einer Umgehungsstraße wurde Wirklichkeit. Nicht zuletzt auch durch die Verkehrsberuhigung hat die Stadt ihr Gesicht für Anwohner und Besucher zum Positiven verändert. Straßen wurden aufwendig saniert. Schulgebäude erhielten einen neuen Anstrich und wurden zu Hinguckern. 1998 wurde eine neue Turnhalle ihrer Bestimmung übergeben. Damit haben der Kröpeliner Sportverein und die Kindern der Stadt eine neue Anlaufstelle und einen sicheren Ort erhalten, um sich auszutoben.

 

Auch vor den beiden Kröpeliner Kirchen machte die Sanierung nicht Halt. Beide Gebäude wurden restauriert. Die katholische Kirche erhielt ein neues Pfarrhaus, die Kirche selbst wurde bunt gestrichen. Die evangelisch-lutherische Kirche bekam 2000 ein neues Pfarrhaus mit Gemeindezentrum. Und den bekannten Schustern der Stadt zu Ehren wurde 1999 am Kröpeliner Pferdemarkt ein Schusterdenkmal errichtet. Die Geschichte der Kröpeliner Schuster lässt sich anhand vieler Originalrelikte im Stadtmuseum nachempfinden. Das Museum ist im Kellergewölbe des Rathauses beheimatet.

 

Auch heute noch ist Kröpelin eine Stadt des Handwerks und des Handels. Die Stadt liegt zwischen den Hansestädten Rostock und Wismar und ist etwa zehn Kilometer von Kühlungsborn und vom Ostseebad Heiligendamm entfernt. Der Einfluss der Kaufleute und Handwerker aus damaliger Zeit ist in der Stadt überall zu spüren. Die ehemaligen schmalen, hohen Kaufmannshäuser mit ihren typischen Giebelfassaden geben Zeugnis davon und laden zum Stadtbummel und zu Stadtführungen ein.

 

Die Stadt tut viel, um Besucher aus nah und fern anzuziehen, aber auch um Gewerbetreibende für den Standort zu gewinnen. 2011 wurde unter dem Motto „Stand, Potenziale und Perspektiven“ in Folge des Zensus' ein Leitplan entwickelt, in dem der Ist-Zustand beschrieben und nach neuen Wegen im Stadt- und Standortmarketing gesucht wird. Da sind wirtschaftliche Aspekte ebenso relevant  wie der demografische Wandel. Im Alter mobil zu bleiben, ist der größte Wunsch der alternden Gesellschaft. Vielerorts werden Möglichkeiten diskutiert, diese Mobilität möglichst bis ins hohe Alter zu gewährleisten. So baut beispielsweise die Wohnungsgenossenschaft Bad Doberau im Landkreis Rostock Garagen für Elektro-Rollstühle. Die verschließbaren Verschläge werden neben den Hauseingängen aufgestellt. Sie sind damit gut erreichbar und können jederzeit ab- und andernorts wieder aufgebaut werden. E-Mobile in Kröpelin - die Bewohner sind begeistert. Problem erkannt – Problem gebannt. Ein Projekt, das bundesweit Schule machen könnte.

 

Bildquelle: Wikipedia, Autor/Photograph: Ch. Pagenkopf

Datum der Veröffentlichung: 20.03.2014

Mecklenburg-Vorpommern, Rostock, Dickesbach

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