Familie / Wissenswertes

Ski oder Snowboard

Mit der Familie in Skiurlaub fahren heißt: Kompromisse eingehen. Vor allem, wenn die Kids lieber Snowboard als Skifahren lernen wollen. Es können trotz der Differenzen am Fuß harmonische Ferien werden - wenn man das richtige Skigebiet wählt. Eine Familie berichtet.

Völlig aufgeregt kommt uns unser Sohn Jan entgegen: „Wir müssen unbedingt noch einmal zum Trübsee. Ich will Euch zeigen was ich gelernt habe.“ Und schon schweben wir mit der Gondel zum Starterland am Trübsee in 1.800 Meter Höhe, dorthin, wo unser Sohn seinen ersten Tag im Snowboard-Kurs verbracht hat. Wir haben den Versuch gewagt, als Familie einen gemischten Ski- und Snowboard-Urlaub zu buchen, da unser 11-jähriger Sohn vom Ski zum Snowboard wechseln will.

Engelberg in der Zentralschweiz gilt mit dem Titlis-Gletscher als sonnen- und schneesicher und bietet ein abwechslungsreiches Skigebiet für jedes Niveau. Am Trübsee angekommen, lassen wir uns mit dem Schlepplift ein paar hundert Meter den Übungshang hinaufziehen. Jan zeigt uns, wie schwierig das mit einem Fuß auf dem Snowboard ist, zeigt uns die Stelle, an der die meisten Kinder herausgekippt sind und erklärt uns, dass er ein Goofy ist, also ein Snowboarder, der den rechten Fuß vorne auf dem Brett hat. Vorsichtig, aber doch stolz, fährt er den Übungshang fast geradeaus hinab. Der erste Tag gilt der Brettgewöhnung und unser Junior zeigt uns Balancierübungen wie „Tretroller fahren“. Nur bei der Kurve landet er immer wieder im Schnee und beteuert: „Soweit sind wir noch nicht.“ Wir gleiten auf den Skiern hinterher.

So geht es bergauf, bergab. Außer seiner bunt gemusterten Skijacke sehen wir nur weiß, denn der Trübsee macht seinem Namen alle Ehre. Als der Schlepper am Abend stehen bleibt, platzt es aus Jan heraus: „Und was habt Ihr eigentlich den ganzen Tag gemacht?“

Wir haben eine Gondelfahrt unternommen und sind mit diesem kleinen Trick der Nebelsuppe entronnen. In wenigen Minuten waren wir auf 2.428 Metern Höhe an der Bergstation Stand. Von dort ging es mit der weltweit ersten drehbaren Gondel, der Rotair, zum Klein Titlis. Doch statt Panorama präsentierte sich die Welt gleichmäßig weiß. Plötzlich bekam das Einheitsweiß einen blauen Streifen und die ersten Berggipfel lugten märchenhaft aus dem Wolkenmeer. Oben angekommen, strahlen die 3.000er mit ihren weißen Hauben im tiefen Blau um die Wette. Die Sonne wärmt gönnerhaft und der frische Pulverschnee glitzert wie Sternenstaub. Über wenig befahrene breite, rote Pisten ziehen wir unsere Schwünge bis zum Gletscherlift. Doch nicht nur auf der Piste sondern auch im unberührten Pulver stauben bunte Punkte talwärts. Engelberg ist ein Freeride-Eldorado, denn Dank der nordseitigen Lage bleibt das weiße Gold leicht und pulvrig und die meisten Abfahrten sind bequem mit dem Lift zu erreichen. Nicht selten fliegen Schweden über das Wochenende ein, um sich der „Power-Droge“ hinzugeben und durch das legendäre Freeridegebiet Laub zu sausen. Das jedoch ist den Cracks vorbehalten. Ich möchte als Greenhorn eine neue Spur direkt neben der Piste ziehen und vertraue meinen Rocker-Ski, die im Tiefschnee gut aufschwimmen und kinderleicht drehen. Ich meistere meine erste Abfahrt ohne Sturz! Darauf bin ich so stolz wie mein Sohn auf seine ersten Snowboard-Versuche.

Die nächsten Tage stehen Rutschen auf der Fersenkante, Stoppen, Gleiten und gerutschte Schwünge im Skigebiet Klostermatte auf dem Snowboard-Programm von Jan. Wir erkunden währenddessen die großzügigen Pistendes Skigebiets und erheben die gelbe unpräparierte Piste vom Gletscherlift zu unserer Lieblingsabfahrt. Nach Kursende drängt der Junior am zweiten Tag Richtung Trübsee. Dort will er mit dem Snowtube fast direkt in den SnowXpark neben dem Igludorf rutschen. Hier steht die Technik im Vordergrund. SnowXbikes und SnowXmobile lassen die Herzen kleiner und großer Jungs höher schlagen. Auf diesen elektrobetriebenen Action-Tools können Vater und Sohn gefahrlos durch den Snowpark düsen und driften, denn die Fahrzeuge sind mit zwei Geschwindigkeitsstufen fahrbar und so gut wie unkippbar. Der Technik-Kick von wenigen Minuten bringt die Augen meiner Männer zum Leuchten, obwohl sie gerade mal mit 35 km/h durch den Schnee gedüst sind und das Driften auch noch nicht ganz geklappt hat.

Weniger rasant geht es in der Schaukäserei im Kloster von Engelberg zu. Die besuchen wir nach dem dritten Snowboard-Tag. Schon im Hochmittelalter spielte der Handel mit Käse für das Kloster im Tal Engelberg eine große Rolle, und das Motto Wein gegen Käse erfreute sich bei den Äbten großer Beliebtheit. Doch erst die innovativen Ideen von Ernst Obermatt machten die Klosterkäserei zum Magnet für Käsefans. Ihm ist es gelungen den Zeitraffer in die Beobachtung der Käseproduktion einzubauen. In vier kleinen Produktionswannen wird die Milch der Bergbauern den ganzen Tag um 40 Minuten zeitversetzt verarbeitet. Es wird gerührt und geschnitten. So kann der Prozess von der Milch zum Käse ohne lange Wartezeiten, wie zum Beispiel das Andicken der Milch, verfolgt werden. Ernst Odermatt, der Gründer der Schaukäserei, genießt es, dass sein revolutionäres Projekt, die Käserei sichtbar zu machen, bei den Besuchern gut ankommt. Er erzählt vom richtigen pH-Wert der Milch und Mikroorganismen, die für Vegetarier anstatt von Lab zum Andicken der Milch eingesetzt werden. Hartkäse, Bergkäse, Weichkäse und Frischkäse stehen auf seinem Programm. Wer will, probiert die Sorten gleich vor Ort im angeschlossenen Restaurant. Da entscheiden sich nicht wenige Gäste für die Variante mit Chilli. Und Ernst Odermatt meint schmunzelnd. „Käse ist mein Leben“, und fügt zwinkern hinzu „besser als wenn das Leben Käse ist.“

Der letzte Tag ist nochmals ganz dem Schnee gewidmet und Jan zieht es nach dem Kurs raus aus dem Anfängergebiet. Er wagt sich mit uns auf den Jochstock – immerhin über 2500 Meter hoch. Mutig schwingt und rutscht er sich gewichtsverlagernd zu Tale, meistert seine erste rote Abfahrt und staunt über meine Freeride-Künste. Nach fünf Tagen Snowboard-Kurs hat er das Level „blue prince“ erreicht und kann im nächsten Skiurlaub wieder gemeinsam mit uns über die Pisten fegen und das nächste Level ansteuern. Dann wird er vielleicht schon ein kleiner, großer „blue king“ sein.

 

Bildquellen:

- BSANI/bigstock.com

- monkeybusinessimages/bigstock.com

 

Beitragsverfasser: active woman
Datum der Veröffentlichung: 17.12.2015



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