Energiesparendes Sanieren und Bauen in Aachen

77 IX. Neubau Im Gegensatz zu Sanierungsmaßnahmen im Bestand bietet ein Neubau große Spielräume für Gestaltung, Energieeffizienz und vieles mehr. Natürlich gibt es auch hier einen Rahmen, der vor allem durch örtliche Gegebenheiten, Gesetzgebung und nicht zuletzt durch das eigene Budget gesetzt wird. Dieses Kapitel soll dabei helfen, den eigenen Rahmen sinnvoll und zukunftssicher auszufüllen. Gesamtkonzept aus vielen Teilen Zur Erstellung eines sinnvollen Gesamtkonzepts sollten diese Aspekte bereits in der ersten Planungsphase bedacht werden: • • Größe des Gebäudes: Große Wohnflächen verursachen nicht nur höhere Kosten, sondern verbrauchen auch für die Errichtung und Nutzung mehr wertvolle Ressourcen (Energie, Rohstoffe). Außerdem werden Bodenflächen„versiegelt“ (kein Bewuchs, keine Versickerung von Regenwasser). Daher gilt: Je kleiner, desto besser. • • Form des Gebäudes: Vor- und Rücksprünge, Erker, Gauben und Anbauten vergrößern die Außenflächen, die Wärme übertragen und damit den späteren Energieverbrauch. Einfach und kompakt zu bauen, verringert gleichzeitig die Baukosten. • • Ausrichtung des Gebäudes: Die größeren Fenster zur Sonne hin auszurichten, holt imWinter die Wärme ins Haus und spart Heizkosten. Allerdings sollten wegen der sommerlichen Hitze die Glasflächen nicht übermäßig groß und von außen verschattet sein (z. B. durch Rollläden, Schiebeläden, großen Dachüberstand). • • Zuschnitt der Räume: Ziel ist eine gewisse Flexibilität für verschiedene Lebensphasen zu schaffen, damit das Gebäude möglichst lange genutzt werden kann (s.a. Kapitel VII Barrierefreiheit). • • Berücksichtigung Klimawandel: Das Wetter hat sich schon verändert und wird noch extremer werden (Starkregen und Sturm, Hitze- und Dürreperioden). Bei der Planung geht es umVorbeugung und Schutz, aber auch umWohnkomfort (z. B. Kühlung und Regenwasser-Pufferung durch begrünte Dachflächen). • • Baumaterialien: Nur wenn der Energie- und damit CO2-Ver- brauch im Laufe des gesamten Lebenszyklus (von der Herstellung über die Nutzung bis zum Austausch bzw. Wieder- verwendung) berücksichtigt wird, kann beurteilt werden, welche Konstruktionen wirklich gut für die Umwelt, also klima-neutral sind (s.a. Kapitel I.3. und II.1.). Außerdem ist die Wohngesundheit der Materialien (z. B. Schadstoffe, Allergie- auslöser) wichtig. • • Energiekonzept: „Möglichst wenig und in jedem Fall erneuerbar“ lautet die Devise. Eine gut gedämmte und abgedichtete Außenhülle ist die Grundlage. Was dann noch an Energie für Heizen, Warmwasser und Gerätebetrieb erzeugt werden muss, sollte aus erneuerbaren Ressourcen stammen. In eine fertig geplante Gebäudehülle kann nicht im Nachhinein jede Heiz-, und Haustechnik eingebaut werden – eine leider noch häufige Vorgehensweise. Die Aspekte des Gesamtkonzepts beeinflussen sich gegenseitig und können nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Regelwerke und energetische Standards Grundsätzliche Rahmenbedingungen für die Planung, wie maximale Gebäudeabmessungen, Abstände zu anderen Grundstücken und Ähnliches, sind in verschiedenen Regelwerken beschrieben (z. B. in den Landesbauordnungen oder örtlichen Bebauungsplänen). Darauf wird hier nicht näher eingegangen, der Focus liegt auf dem Themenfeld„Energie“. Das seit 1. November 2020 geltende Gebäudeenergiegesetz (GEG) definiert die Mindeststandards. Es regelt unter anderem, wie viel Energie im Gebäude verbraucht und wie stark die Umwelt dadurch belastet werden darf. Die Nutzung Erneuerbarer Energien ist zumindest anteilig vorgeschrieben. 2023 werden die Vorgaben – so ist es im Gesetz explizit vorgesehen – überprüft und ggf. angepasst. Im Vergleich zu den vorher geltenden Gesetzen (Energieeinsparverordnung und Erneuerbare Energien-Wärmegesetz) hat sich zwar Manches geändert, der verpflichtende Mindeststandard ist aber nicht erhöht worden. Das „Nearly-zero-building“ („Fast-NullGebäude“) ist der europaweit gültige Gebäudestandard und soll mit den Vorgaben des deutschen Gebäudeenergiegesetzes formal erfüllt sein. In der Praxis benötigen Gebäude, die nur den Mindeststandard des GEG erfüllen, aber immer noch nennenswerte Mengen an Energie und sind nicht klimaneutral. Man sollte sich immer bewusst machen, dass Klimaneutralität nicht nur ein politisches Ziel ist – in der EU soll es bis 2050 erreicht werden –, sondern sich konkret auf unsere Umwelt und damit unser zukünftiges Leben auswirkt. Der schwere„CO2-Rucksack“ des größtenteils unsanierten Gebäudebestandes sollte nicht durch die Neubauten vergrößert werden. © Alexander && Theresia Schulz / Adobe Stock IX. Neubau

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