Schule und was dann? Der richtige Weg in den Beruf 2020/2021 - Frankfurt am Main

10 DER WEG IN DEN BERUF AKADEMISCHE VERSUS BERUFLICHE BILDUNG AKADEMISCHE VERSUS BERUFLICHE BILDUNG – MIT VORURTEILEN AUFRÄUMEN! Heute hat mehr als jeder fünfte Erwerbstä- tige (22 %) zuvor an einer Universität, Fach- hochschule oder Berufsakademie studiert. Der ungebremste Trend zur Akademisierung sorgt jedes Jahr für viele neue Jungaka- demiker auf dem Arbeitsmarkt: Seit 2007 kletterte der Akademikeranteil unter den Erwerbstätigen um 13 Prozentpunkte. Laut Statistischem Bundesamt haben 2017 rund 502.000 Studierende ihre akademische Ausbildung erfolgreich abgeschlossen – ein neuer Rekord. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einem Plus von rund zwei Prozent. Vor dem Hintergrund hoher Stu- dienanfängerzahlen (rund 509.000 Neu­ immatrikulationen im Studienjahr 2017/18) dürfte die Zahl der Berufsanfänger mit aka- demischem Abschluss auch in den nächsten Jahren weiter deutlich wachsen, bevor sie infolge der demografischen Entwicklung zurückgehen wird. Warum sich so viele Menschen für ein Hochschulstudium und nicht für eine berufliche Ausbildung entscheiden, beruht unter anderem auf einem Gesellschaftsbild, das nicht zuletzt durch die Politik vermittelt wurde: Das Abitur wird mittlerweile vielfach als „Mindestabschluss“ einer schulischen Qualifikation angesehen. Daraus resultiert bei Jugendlichen der Trugschluss, dass nur das Abitur optimal auf eine erfolgreiche Berufstätigkeit vorbereitet. Des Weiteren wird das Bild vermittelt, dass Akademiker mehr verdienen als Nicht-Akademiker, das Arbeitslosenrisiko für Akademiker geringer ist und Akademiker schlicht die „besseren Jobs“ haben. Doch stimmen diese (Vor-) Urteile tatsächlich? STIMMT ES EIGENTLICH, DASS AKADEMIKER MEHR VERDIENEN ALS NICHT- AKADEMIKER? Vergleicht man Gehälter von Akademi- kern und Nicht-Akademikern, kommt man schnell auf den Vergleich des Lebens- einkommens: Einer aktuellen Studie des Münchener ifo-lnstituts (2017) zufolge ver- dienen Akademiker, die ein Universitätsstu- dium im ersten Bildungsweg abgeschlossen haben, durchschnittlich 390.000 Euro netto in ihrem Erwerbsleben. Jedoch gibt es in der Gruppe der Akademiker erhebliche Unter- schiede: Darf ein Ingenieur in Luft- und Raumfahrt mit einem durchschnittlichen Einstiegsgehalt von ca. 5.800 Euro brutto rechnen, so verdient ein Architekt zu Beginn seines Arbeitslebens durchschnittlich ledig- lich 3.000 Euro brutto. Absolventen der Sozialpädagogik oder der Geisteswissen- schaften müssen beim Gehalt meist noch größere Abstriche machen. Demgegenüber ist das Einstiegsgehalt von ausgebildeten Fachkräften oft höher, als man vielleicht meint: Bankkaufleute kön- nen nach ihrer Berufsausbildung mit einem Gehalt von bis zu 3.400 Euro brutto rechnen. Ebenso sind Arbeitskräfte in der lndustrie sehr gefragt: Ein ausgelernter Industrieme- chaniker wird mit bis zu 2.500 Euro brutto monatlich entlohnt. Wird später noch eine höhere Berufsbildung (auch: Aufstiegsfort- bildung) absolviert, wie beispielsweise zum lndustriemeister, werden sogar Monatsge- hälter in Höhe von bis zu 4.400 Euro brutto erzielt – stets in Abhängigkeit von Branche und Betriebsgröße. Das klassische Vorur- teil, dass Akademiker grundsätzlich mehr verdienen als Nicht-Akademiker, stimmt also nur bedingt. Der insgesamt höhere Gehaltsdurchschnitt wird bei den akade- misch Qualifizierten insbesondere durch Ärzte und Ingenieure angehoben, während andere Berufe deutlich darunter rangieren. Eine berufliche Ausbildung kann also lukra- tiver sein als ein jahrelanges Studium – ins- besondere dann, wenn Absolventen durch die zunehmende Akademisierung immer häufiger dazu gezwungen sind, mit unter- qualifizierten und somit schlechter bezahl- ten Jobs ins Erwerbsleben einzusteigen. Perspektivisch dürfte sich das Einkom- mensgefüge sogar insgesamt zugunsten der beruflich Gebildeten verschieben, wenn der Trend zur Akademisierung wei- terhin anhält – wie sich am Beispiel der MINT-Berufe eindrucksvoll belegen lässt: Im Herbst 2018 berechnete das Insti- tut der deutschen Wirtschaft (lW) eine MINT-Arbeitskräftelücke von insgesamt 337.900 Personen, die damit den höchs- ten Oktoberwert seit Beginn der Aufzeich- nung erreichte – und zu über zwei Dritteln im Segment der beruflich Qualifizierten verortet ist. Sie setzt sich zusammen aus 171.700 Personen in MINT-Fach­ arbeiterberufen sowie 60.200 im Segment der Spezialisten/Meister- / Techniker­ berufe. Demgegenüber ist die akademi-

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