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2. Sozialrechtliche und finanzielle Fragen

2.4 Leistungen der Pflegeversicherung (SGB XI)

Pflegebedürftige, die Mitglieder in einer Pflegekasse sind, können dort Leistungen beantragen. Voraussetzung ist eine Vorversicherungszeit von 2 Jahren innerhalb der letzten 10 Jahre und das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit für voraussichtlich mindestens 6 Monate. Der Pflegebedürftigkeitsbegriff orientiert sich am Hilfebedarf einer Person, an der Beeinträchtigung ihrer Selbstständigkeit und/oder ihrer Fähigkeiten. Körperliche, geistige und psychische Beeinträchtigungen mit unterschiedlichem Hilfebedarf werden gleichermaßen berücksichtigt. Pflegebedürftige im Sinne des Gesetzes werden je nach Umfang des Hilfebedarfs einem der 5 Pflegegrade zugeordnet. Leistungen der Pflegeversicherung müssen durch die Versicherten bei den zuständigen Pflegekassen bzw. den privaten Pflegeversicherungen beantragt werden. Die Einordnung in einen Pflegegrad erfolgt durch eine Begutachtung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MD) bzw. für Privatversicherte durch den Dienst MedicProof. Das Ergebnis wird durch die Pflegekasse bzw. die private Pflegeversicherung mitgeteilt.

Ambulante Pflegeleistungen

Der/die Pflegebedürftige kann zwischen folgenden ambulanten Leistungen wählen:

Icon Pfeil Häusliche Pflegehilfe (Sachleistung)
Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 2 bis 5, die zu Hause gepflegt werden, erhalten Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung als Sachleistung. Sie wird durch Pflegedienste erbracht, die von den Pflegekassen zugelassen sein müssen. Die Dienste rechnen ihre Leistungen direkt mit den Pflegekassen ab. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 erhalten lediglich den Entlastungsbetrag von 125 € als Sachleistung.

Icon Pfeil Pflegegeld
Statt der Sachleistung können Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 auch die Geldleistung beantragen. Das setzt voraus, dass die erforderliche Pflege von einer privaten Pflegeperson eigener Wahl sichergestellt wird. Pflegebedürftige, die Pflegegeld beziehen, sind verpflichtet, in den Pflegegraden 2 und 3 einmal halbjährlich und in den Pflegegraden 4 und 5 einmal vierteljährlich einen Beratungseinsatz durch einen anerkannten Pflegedienst oder eine dafür anerkannte Beratungsstelle abzurufen. Die Kosten trägt die Pflegekasse.

Icon Pfeil Kombination von Geld- und Sachleistung
Eine Kombination beider Leistungen ist möglich, wenn zusätzlich zur Pflege durch eine private Pflegeperson ein ambulanter Pflegedienst oder ein Betreuungsdienst im Rahmen der Sachleistung in Anspruch genommen wird. Wird die zur Verfügung stehende Sachleistung nicht in voller Höhe benötigt, erfolgt die Auszahlung des anteiligen Pflegegeldes. Die Höhe des Pflegegeldes ist davon abhängig, in welchem Umfang Pflegesachleistungen erbracht wurden: Steht die Höhe der Pflegesachleistung konstant fest, wird das anteilige Pflegegeld am Anfang eines Kalendermonats ausgezahlt. Ist die Höhe der Pflegesachleistung im Vorfeld nicht absehbar, wird das anteilige Pflegegeld erst ausgezahlt, wenn die Pflegesachleistungen mit der Pflegekasse abgerechnet wurden.

Icon Pfeil Pflegevertretung/Verhinderungspflege
Kann die private Pflegeperson wegen Erholungsurlaub, Krankheit oder einem anderen Grund die Pflege vorübergehend nicht übernehmen, können Leistungen der Verhinderungspflege beantragt werden, sofern mindestens ein Pflegegrad 2 vorliegt. Weitere Voraussetzung ist, dass man bereits mindestens 6 Monate in der häuslichen Umgebung gepflegt wurde. Die Pflegekasse erstattet Kosten bis zu 1.612 € pro Kalenderjahr. Dieser Betrag kann um 806 € aus den Leistungen der Kurzzeitpflege erhöht werden. In diesem Fall erhöht sich der Höchstanspruch auf 2.418 € (1.612 € + 806 €).

Icon Pfeil Tagespflege und Nachtpflege (teilstationäre Pflege)
Die Leistungen der Tages- und Nachtpflege können neben der Pflegesachleistung und dem Pflegegeld in Anspruch genommen werden. Übernommen wird auch die notwendige Beförderung zur Einrichtung und zurück. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung sind privat zu tragen, können aber aus dem Entlastungsbetrag erstattet werden.

Icon Pfeil Kurzzeitpflege
Kann die häusliche Pflege zeitweise nicht oder noch nicht in erforderlichem Umfang erbracht werden, besteht Anspruch auf Leistungen der Kurzzeitpflege in einem Pflegeheim. Dies kann z. B. im Anschluss an eine stationäre Behandlung in einer Klinik oder in sonstigen Situationen, in denen vorübergehend häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich oder ausreichend ist, der Fall sein. Die Pflegekasse erstattet für die Pflegegrade 2 bis 5 Kosten bis zu 1774 € pro Kalenderjahr. Das Pflegegeld wird für die Zeit des Aufenthalts bis zu 50 % weitergezahlt. Die Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege sind kombinierbar: In diesem Fall verlängert sich der Anspruch auf bis zu 8 Wochen und erhöht sich der Höchstanspruch auf 3386 € (1774 € + 1.612 €).

Icon Pfeil Entlastungsbetrag
Pflegebedürftigen aller Pflegegrade steht ein Entlastungsbetrag von 125 € monatlich zur Verfügung. Diese Leistung ist zweckgebunden und kann für niedrigschwellige Angebote in Form von Betreuung zu Hause („Angebote zur Unterstützung im Alltag“), in einer Betreuungsgruppe oder in der Tagespflege in Anspruch genommen werden. Bei Pflegebedürftigen mit Pflegegrad 1 kann der Entlastungsbetrag auch für Leistungen der Grundpflege durch einen Pflegedienst oder als Zuschuss bei vollstationärer Pflege (im Pflegeheim) in Anspruch genommen werden. Weitere Informationen zum Thema Alltagsunterstützung sowie Informationsmaterial erhalten Sie im Pflegebüro.

Icon Pfeil Pflegehilfsmittel
Die Kosten für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel wie Einlagen, Einmalhandschuhe oder Desinfektionsmittel werden bis zu 40 € pro Monat für alle Pflegegrade übernommen. Technische Hilfsmittel wie Krankenbetten, Rollstühle oder Hebegeräte werden vorrangig leihweise und somit zuzahlungsfrei zur Verfügung gestellt.

Icon Pfeil Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohneinrichtungen
Neben einer einmaligen Starthilfe bei der Finanzierung von ambulanten Pflege-Wohngruppen von 2.500 € pro pflegebedürftiger Person gibt es einen regelmäßigen Wohngruppenzuschlag. So erhält jede/-r pflegebedürftige Bewohner*in monatlich 214 €, sofern mindestens 3 Pflegebedürftige in einer ambulant betreuten Wohngruppe in einer gemeinsamen Wohnung leben.

Icon Pfeil Wohnraumanpassung
Um die Wohnung der/des Pflegebedürftigen an die individuellen und/oder pflegerischen Erfordernisse anzupassen, bezuschusst die Pflegekasse in der Regel einmalig Um- oder Einbauten bis zu 4.000 € pro Maßnahme. Mehrere Anspruchsberechtigte, die zusammenwohnen, können bis zu 16.000 € erhalten. Weitere Informationen und Beratung erhalten Sie auch bei den Wohnberatungsstellen und im Pflegebüro (vgl. Kapitel 3.1). Dort ist auch eine Broschüre zum Thema Wohnraumanpassung erhältlich.

Icon Pfeil Pflegekurse
Verschiedene Pflegedienste bieten auf Nachfrage unentgeltliche Pflegekurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten (zum Beispiel Demenz) für Pflegepersonen an. Hier werden Grundkenntnisse der häuslichen Pflege vermittelt. Auf Wunsch kann die Schulung auch individuell in der häuslichen Umgebung der/des Pflegebedürftigen stattfinden. Bitte fragen Sie bei den Pflegediensten bzw. Ihrer Pflegekasse nach!

Zudem bietet das Universitätsklinikum Marburg regelmäßig Kurse an: Nähere Information und Anmeldung telefonisch unter 06421 586-5700 bzw. per E-Mail marjan.santvliet@uk-gm.de

Icon Pfeil Leistungen zur sozialen Sicherung der Pflegeperson
Die Pflegekassen leisten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist und mindestens 10 Stunden pflegt und noch keine volle Altersrente erhält. Betreut eine Pflegeperson mehrere Pflegebedürftige, können die Pflegezeiten addiert werden. Während der pflegerischen und hauswirtschaftlichen Tätigkeiten besteht für Pflegepersonen auch ein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz.

Möchten Pflegepersonen nach der Pflegetätigkeit in das Erwerbsleben zurückkehren, haben sie ggf. Anspruch auf Leistungen des Arbeitsförderungsgesetzes.

Leistungen bei vollstationärer Pflege im Pflegeheim

Beim Umzug in ein Pflegeheim haben Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen zur Pflege in einer stationären Einrichtung. Die Leistungen sind je nach Pflegegrad gestaffelt, der zu leistende Eigenanteil ist jedoch auf die Einrichtung bezogen für die Pflegegrade 2 bis 5 gleich. Die Pflegekassenleistungen werden direkt an die stationäre Einrichtung gezahlt. Personen mit Pflegegrad 1 erhalten einen Zuschuss in Höhe von monatlich 125 €.

Icon Pfeil Private Vorsorge
Jedes Mitglied einer gesetzlichen Pflegeversicherung hat die Möglichkeit, eine private Zusatzversicherung abzuschließen. Diese private Vorsorge wird vom Staat mit 5 € monatlich bzw. 60 € pro Jahr gefördert.

Leistungen der Pflegeversicherung seit 01.01.2024

Leistungen Pflegegrad 1
Häusliche Pflege
€/Monat
Pflegegeld -
Pflegesachleistung -
Verhinderungspflege € *1 -
Kurzzeitpflege € *2 -
Teilstationäre Pflege €/Monat -
Vollstationäre Pflege €/Monat *4 125
Entlastungsbetrag €/Monat 125
Wohnumfeldverbesserung €/Maßnahme 4.000
Pflegehilfsmittel zum Verbrauch €/Monat 40
Technische Pflegehilfsmittel
(Rollator, Pflegebett ...)
Wohngruppenzuschlag €/Monat 214
Beratung in der Häuslichkeit Anspruch 2x jährlich
Pflegekurse für Pflegepersonen Anspruch
Rentenbeiträge für Pflegepersonen
€/Monat *3
-
*1 Zusätzlich können bis zu 50 % des nicht verbrauchten Leistungsbetrages für Kurzzeitpflege (bis zu 806 €) für Verhinderungspflege ausgegeben werden.
*2 Zusätzlich darf ein nicht verbrauchter Leistungsbetrag für Verhinderungspflege auch für Leistungen der Kurzzeitpflege genutzt werden. Hierdurch lässt sich der Leistungsanspruch auf 3.224 € verdoppeln. Das Pflegegeld wird während der gesamten Kurzzeitpflege von maximal 8 Wochen hälftig weitergezahlt.
*3 Bei wenigstens 10 Stunden Pflegetätigkeit pro Woche, wenn die Pflegeperson keiner Beschäftigung von über 30 Stunden nachgeht und sie noch keine Vollrente wegen Alters bezieht.
*4 Zuschuss zum pflegebedingten Eigenanteil: 1. Jahr: 15%, 2. Jahr 30%, 3. Jahr 50%, ab dem 4. Jahr 75%
Pflegegrad 2 Pflegegrad 3 Pflegegrad 4 Pflegegrad 5
332 573 765 947
761 1.432 1.778 2.200
1.612 1.612 1.612 1.612
1.774 1.774 1.774 1.774
689 1.298 1.612 1.995
770 1.262 1.775 2.005
125 125 125 125
4.000 4.000 4.000 4.000
40 40 40 40
  • Übernahme 100 % der Kosten
  • Unter bestimmten Voraussetzungen 10 %, höchstens 25 € je Pflegehilfsmittel
  • Vorrangig leihweise
214 214 214 214
1/2-jährlich Pflicht 1/2-jährlich Pflicht 1/2-jährlich Pflicht 1/2-jährlich Pflicht
Anspruch
Anspruch Anspruch Anspruch Anspruch