Gemeinde Steinberg

23 Geschichtliches N N Geschichtlicher Überblick über unsere Gemeinde Die drei Dörfer Wernesgrün, Rothenkirchen und Wildenau wur- den vermutlich im 12. Jahrhundert durch Siedler aus Ober- franken gegründet. Sie legten entlang der Talauen des Wernes-, Rödel- und des Plohnbaches sogenannte Waldhufendörfer an. Man kann dies heute noch an der Fluraufteilung gut erkennen. Wernesgrün wurde erstmals im Jahre 1411 als „Bernesgrune“ erwähnt. 1413 erfolgte die Ersterwähnung Wildenaus in einer Urkunde des Burggrafen Albrecht von Leisnig. Rothenkirchen folgt mit der ersten Erwähnung 1441. Bereits 1436 erfolgte die Verleihung der „Brau- und Schank- gerechtigkeit“ durch die Burggrafen zu Dohna an Caspar und Christoff Schorer. Mit der urkundlichen Verleihung dieser Braurechte begann eines der bekanntesten Gewerbe – das Bierbrauen, das bis heute seit mehr als 580 Jahren ununterbro- chen fortgeführt wird und das den Ort Wernesgrün und unsere Region regional und über die Landesgrenzen hinaus bekannt gemacht hat. Daneben ernährten sich die Einwohner unserer drei Orte überwiegend von Land- und Forstwirtschaft. Schrift- lich belegt ist die gut funktionierende Viehzucht. Der Dreißigjährige Krieg von 1618 bis 1648 forderte viele Opfer. Viele Einwohner flüchteten vor den Kriegshorden in die umliegenden Wälder. Noch heute zeugen die „Schweden- fichte“ und die Legenden vom „Hahnenhaus“ bei Bärenwalde oder von der „Roth Höhle“ zwischen Wildenau und Stangen- grün, in der sich ein Bauer mit seinem gesamten Hausstand versteckt haben soll, von diesen schweren Zeiten. Durch den Dreißigjährigen Krieg kam auch die Pest in unser Gebiet, die viele Menschenleben kostete. Rothenkirchen bestand z. B. 1661 nur noch aus 16 Gütern und 13 Häuslein, bewohnt von 38 Familien, etwa 200 Einwohnern. 1706 erhielten die Rothenkirchener Einwohner nach 150-jähri- gem Kampf ihren ersten eigenen Pfarrer. In unserer Gebirgslage kam es auch immer wieder zu Wetter­ unbilden. Beispielsweise wütete am 24. Juni 1794 ein schwe- res Unwetter in unserer Gegend. Ein Blitz schlug in die bereits alte und baufällige Rothenkirchener Kirche ein und beschädigte sie schwer, sodass sie abgerissen werden musste. Doch eine weitere Eigenschaft des hiesigen Menschenschlages kam den Einwohnern zugute: ihr Fleiß und ihre Zähigkeit. Bereits 1796 konnte am 14. Sonntag nach Trinitatis bereits wieder der Got- tesdienst in der neu errichteten Kirche gefeiert werden. Bemerkenswerte Daten sind für Wernesgrün auch die Jahre 1762 und 1774: 1762 erwirbt Johann Michael Günthel (Gün- nel) ein brauberechtigtes Drittelgut rechts (nördlich) des Wer- nesbaches und begründet damit den Familienbesitz der Fami- lie Günnel – die weltbekannte „Grenzquell-Brauerei“. 1774 erwirbt Johann Christoph Männel das halbe Gläsersche brau- berechtigte Gut links (südlich) des Wernesbaches und begrün- det damit die Brauerei-Familiendynastie Männel – die später auch international sehr bekannte „Erste Wernesgrüner Aktien- brauerei“. Am 19. März 1808 wurde Andreas Schubert in Wernes- grün geboren. Er war später Professor und Ingenieur, Erbauer bzw. Konstrukteur der ersten deutschen Lokomotive (1837 – 1839), der ersten Oberelbe-Dampfschiffe (1837) und Mitge- stalter der Göltzschtalbrücke (1846 – 1851). Um 1800 entstanden die ersten Firmen in Rothenkirchen in der Spitzenbranche, 1838 wurde die Klöppelschule eingerichtet. Auch das öffentliche Bildungswesen etablierte sich in der zwei- ten Hälfte des 19. Jahrhunderts immer weiter. Beispielsweise wurde 1842 in Wildenau die „Alte Schule“ erbaut . Um 1850 hielt in unserer Region die Bürsten- und Bürs- tenhölzerindustrie Einzug. Dies sollte neben Brauerei, Spit- zenherstellung und Klöppelei künftig der Industriezweig in der Region werden, der den meisten Einwohnern Lohn und Brot verschaffte. Viele Erzeugnisse wurden in Heimarbeit von Frauen und Kindern hergestellt, während die Männer als „Bürstenmän- ner“ durchs Land zogen, um die Erzeugnisse zu verkaufen. Ein weiterer interessanter Gewerbezweig ist die Pech- und Rußherstellung. Ruß war ein wichtiger Rohstoff in früherer Zeit, z. B. zur Herstellung von Farben. In sogenannten Ruß- hütten, die meist abseits des Ortes standen, wurde der Ruß durch Verbrennen von Holz hergestellt. In den Wäldern gab es sogenannte „Griebenherde“ zur Herstellung von Pech. Auch dies war ein gefragter Rohstoff, z. B. für die Herstellung von Schmiermitteln für Wagenräder und Ähnliches. Auch diese Produkte wurden in Behältnissen, beim Ruß in sogenannten „Rußbutten“ zu Fuß mit Schubkarren, den „Schiebböcken“ bis in die Leipziger Tieflandsbucht transportiert. Eine noch heute hier gerne verzehrte Spezialität, die ihren Ursprung in dieser Zeit hat, ist der „Schiebböcker“, ein mit Bier gekochter Käse, zu dem Zwiebel und Brot gereicht wurden.

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