Leben, Wohnen und Erholen in Tirschenreuth

Erfolgs-Stück(e) in Oberpfälzer Mundart Die „Tirschenreuther Passion“ ist etwas ganz Besonderes Es sind vertraute Klänge auf der Bühne: „Ea spült si als Messias af und hout doch goar koa Recht dazou! Zeit wird’s, dass ich dean Moa verkaaf, weil oina vo uns handln mou! Und überhaupts für suavül Geld, verrout ich alles af der Welt!“. Allein die Szenerie, das Bühnenbild und die Rolle wirken etwas ungewohnt – denn es handelt sich um eine Passionsaufführung, bei der Judas eben im Begriff ist, Jesus zu verraten. Und die in großen Teilen in Mundart gespielt wird. Die Passion Christi hat bekanntlich viele Künstler zum kreativen Schaffen angeregt: Sei es Mel Gibson mit seinem durchaus umstrittenen Film „Die Passion Christi“, Johann Sebastian Bach mit der „Matthäus-“ und „Johannes-Passion“, Andrew Lloyd Webber mit dem Musical „Jesus Christ Superstar“ oder der Renaissance-Künstler Giotto di Bondone mit seinem berühmten Freskenzyklus in der Scrovegni-Kapelle in Padua. Schon sehr früh sind aber auch sogenannte Passionsspiele entstanden, die die Leidensgeschichte Jesu szenisch darstellten – am bekanntesten in Deutschland ist sicherlich die Oberammergauer Passion. Noch jüngeren Datums ist die „Tirschenreuther Passion“, die 1997 uraufgeführt wurde. Wiederaufführungen folgten in den Jahren 2000, 2005, 2010 und 2015. Verfasser des Stückes ist der bekannte Autor und Regisseur Johannes Reitmeier, langjähriger Intendant des Landestheaters Tirol in Innsbruck. Auch für die Inszenierung in Tirschenreuth ist Reitmeier verantwortlich. Über „seine“ Passion schreibt er selbst, dass sie sich nicht mit den großen Passionsdarstellungen messen will: „Sie versteht sich vielmehr als kammerspielartiger, geradezu intimer Bilderbogen – fernab jeder Monumentalität der Massenaufzüge und Kolossalbauten“. Neuinszenierung im Jahr 2022 Die Tirschenreuther Passion sollte im März 2020 unter der gemeinsamen Regie von Johannes Reitmeier sowie Stefan Tilch (Intendant des Landestheaters Niederbayern) als Neuinszenierung auf- geführt werden, die auch als „EUROPPASSION“ gespielt worden wäre. Doch die Corona-Pandemie machte der Aufführung 14 Tage vor der Premiere einen Strich durch die Rechnung. „Die Neue Tirschenreuther Passion“ wurde schlussendlich auf den Herbst 2022 verschoben – wo sie im Oktober und November für große Furore sorgte. Begeistert war das Publikum nicht nur von der Inszenierung, sondern auch von der neuen Licht- und Tonanlage sowie einer erstmals zum Einsatz gekommenen Zuschauertribüne. Großereignis EUROPASSION Es ist dem unermüdlichen Engagement von Vinzenz Rahn, Tirschenreuths Vertreter im europäischen Passionsverbund, zu verdanken, dass die Tirschenreuther Passion nun im Jahr 2027 als EUROPASSION aufgeführt werden soll. Dann ist Tirschenreuth die europäische „Hauptstadt“ aller nationalen und europäischen Passionsspielorte – und kommen aus vielen Städten und Ländern Abordnungen in die Stadt, um sich im Rahmen eines viertägigen Kongresses über das Thema Passion auszutauschen, die Stadt kennenzulernen und sich gemeinsam eine Aufführung anzusehen. In der Stadt Tirschenreuth ist aber auch in den „passionsfreien“ Jahren auf dem Theater- und Konzertsektor viel geboten: Interessante und hochkarätige Veranstaltungen gehen im Kulturzentrum Kettelerhaus über die Bühne – von Gastspielen renommierter Tournee-Theater über Neujahrskonzerte bis hin zu Kabarettauftritten. Premiere hatte im Jahr 2014 der „Oberpfälzer Jedermann“ aus der Feder des Passions-Autors Johannes Reitmeier. Das Spiel um das Sterben eines reichen Mannes wurde von den Tirschenreuthern ebenfalls zum Großteil in Mundart gespielt und 2017 erneut aufgeführt. Szene aus der „Neuen Tirschenreuther Passion“, die im Jahr 2022 ihre Premiere feierte. 36

RkJQdWJsaXNoZXIy NDIyMzg=