Lynne Leegte "Fenster"

Nordrhein-Westfalen, Soest, Lippstadt
Datum:
09.12.2021
Zeit:
00:00 - 00:00
Standort:
Synagoge Lippstadt
Stiftstr. 1,
59555 Lippstadt

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Beschreibung

Im September 2020 wurde die ehemalige Lippstädter Synagoge erstmals seit ihrer Zerstörung während der Novemberpogrome 1938 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Die Ruine der Synagoge war nach dem Verkauf an Lippstädter Geschäftsleute in den 50er Jahren eher notdürftig repariert worden und diente profanen Zwecken, so u. a. als Fahrradwerkstatt, Lager und Autowaschanlage. Auf dem ehemaligen Vorplatz wurde ein Wohnhaus errichtet, das die Fassade der Synagoge bzw. das, was davon übrig war, vollständig verbarg. Vielen Lippstädtern war nicht mehr bekannt, dass die ehemaligen Sakralräume mit dazugehörigem Garten und Gartenhaus nunmehr quasi als Anbau hinter dem Wohnhaus lagen. Ein Modell der ehemaligen Synagoge auf der gegenüberliegenden Straßenseite weist seit 2008 auf das ehemalige jüdische Gotteshaus hin, zu dem auch eine Thoraschule gehört hatte; abgesehen davon war das Gebäude, obschon seit 1989 unter Denkmalschutz, aus dem Stadtbild so gut wie verschwunden.
Durch den spektakulären „Tag der Offenen Tür“ im September 2020 rückte die Synagoge erstmals wieder ins Blickfeld der Lippstädter Bürger*innen, von Politik, Presse und Kulturinteressierten. Seither versucht eine Initiative um Prof. Jürgen Overhoff und Dirk Raulf, den Kurator der „Lichtpromenade Lippstadt“, mit Unterstützung des jetzigen Eigentümers die Umwandlung in einen Ort der Kultur und des Gedenkens voranzutreiben. Einstweilen geschieht dies durch ein Kulturprogramm, das versucht, die Erinnerung an jüdische Kultur in Lippstadt mit aktuellen künstlerischen Strömungen zu verknüpfen.
Einer der wenigen Lippstädter Überlebenden des Holocaust ist George Levy Mueller, der 1938 mit seiner Schwester nach Amsterdam fliehen konnte. Nach Internierungen in holländischen KZs wurde er nach Bergen-Belsen transportiert, hatte das Glück zu überleben und emigrierte nach der Befreiung in die USA, wo er, mittlerweile 90jährige, noch immer lebt. George Levy Mueller hat über seine Erfahrungen die Autobiographie „Lucie’s Hope“ geschrieben und verfolgt interessiert und zugewandt die aktuellen Bemühungen um die Synagoge.
Lynne Leegte, Künstlerin aus Amsterdam, hat 2017 für das Amsterdam Light Festival die Installation „Windows“ realisiert. Mit zwei „Fenstern aus Licht“ nahm sie Bezug auf die Fenster der Singelkerk, einer mennonitischen Kirche aus dem 17. Jahrhundert, die von außen nicht als Kirche erkennbar ist, weil mennonitische (und auch katholische) Kirchen in den reformierten Niederlanden des 17./18. Jahrhunderts als sog. „versteckte Kirchen“ gebaut werden mussten. Lynne Leegtes Installation zweier Fenster aus Licht akzentuierte die versteckte Kirche und ihre Geschichte und holte sie quasi aus dem Schatten des Vergessens ans Licht. (Mehr Informationen unter lynneleegte.com)
Die Situation der von außen nicht erkennbaren Lippstädter Synagoge und die Geschichte des ehemaligen Schülers der Thora-Schule Georg Levy und seiner Schwester, die 8 und 5jährig vor der Judenverfolgung in Deutschland nach Amsterdam flohen, legten es nahe, Lynne Leegte um einen lichtkünstlerischen Akzent an der Synagoge zu bitten. Die Künstlerin hat vorgeschlagen, eines der ehemaligen Bogenfenster der Synagoge „aus Licht“ nachformen und dort installieren, wo dieses Fenster vor der Zerstörung zu sehen war und wo sich heute der Zugang zu den verbliebenen Räumlichkeiten der Synagoge befindet. Über der schmucklosen Einfahrt zum Garagentor soll Lynne Leegtes „Fenster“ (so der Titel der Arbeit) vom 30. Oktober, der „Nacht der Lichtkunst“, bis zum 19. Dezember zu sehen sein. In diesem Zeitraum finden in der Synagoge mehrere Veranstaltungen statt. Darüber hinaus werden am 17. Dezember die ersten Lippstädter „Stolpersteine“ von Gunter Demnig verlegt.

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