Seite 6 - Energieeffizient Bauen und Sanieren - Der praktische Ratgeber

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für Dämmstoffe nehmen würde, hält er für abwegig. Mögliche
Probleme sieht er eher beim Faktor Mensch, bei den ausführen-
den Handwerkern vor Ort. „Wenn die geltenden Vorschriften
wie die Brandschutzverordnung oder die Landesbauordnung
eingehalten werden, dann habe ich bei den modernen Dämmma-
terialien überhaupt keine Bedenken.“
„Moderne Dämmsysteme ziehen Feuchtigkeit an, sind ein
idealer Nährboden für Algen oder verwenden giftige
Biozide, die ausgewaschen werden und so in Boden und
Wasser gelangen.“
Algen und Pilze, so das Argument, fänden durch die Dämmung
von Hauswänden mit dicken Platten aus Dämmstoff besonders
gute Bedingungen vor. Der Wärmestromwerde abgebremst und
erreiche den Außenputz nicht mehr, der Putz werde kälter als
bei herkömmlichen Fassaden, auf dem kalten Putz schlage sich
Feuchtigkeit eher nieder. „Die Bildung von Bewuchs wie Pilze und
Algen“, so Dr. Dietrich Schmidt, Abteilungsleiter Energiesysteme
beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP), „ist in erster Linie
ein optisches Problem. Die Funktion der Dämmstoffe wird davon
nicht beeinträchtigt.“
Jedes Jahr aufs Neue zieht eine Debatte zum Thema Wärmedäm-
mung durch die deutsche Medienlandschaft, behaftet mit vielen
Vorurteilen und scheinbar kritischen Argumenten. Verbraucher
sollten sich nicht verunsichern lassen – Dämmen ist sinnvoll.
ARD-Verbrauchermagazine, der Spiegel, die ZEIT – zahlreiche
Medien platzieren seit Jahren immer wieder dieselben Argumen-
te gegen Wärmedämmung. Der Tenor: Dämmen lohne sich nicht
wirklich, moderne Dämmstoffe seien gefährlich und umwelt-
schädlich. Wer genauer hinschaut, entdeckt unausgewogene
Berichterstattung, zweifelhafte journalistische Qualität und zum
Teil schlichte Panikmache. Was steckt wirklich hinter den kriti-
schen Argumenten der Dämm-Kritiker?
„Die durch Dämmmaßnahmen versprochenen Einsparungen
werden meist nicht eingehalten.“
Das ARD-Magazin Plusminus stellte Ende 2011 die Wärme-
dämmung generell in Frage. Als Hauptquelle diente eine
Untersuchung der Beratungsgesellschaft co2online, die angeblich
für Plusminus bei mehr als 20.000 Ein- und Zweifamilienhäusern
die Heizkosten vor und nach Sanierungen verglichen hatte. Mit
vernichtendem Ergebnis: Statt der versprochenen 85 Prozent
habe es im Schnitt nur 15 Prozent Einsparungen gegeben, die In-
vestitionen hätten sich erst nach 30 Jahren gerechnet.
Fragt man bei co2online nach, findet man heraus, dass die Zahlen
gar nicht eigens für Plusminus erhoben wurden und auch keine
Vorher-Nachher-Berechnung darstellen. Die ermittelten 15 Pro-
zent in der untersuchten Stichprobe zeigen laut Projektleiterin
Katy Jahnke lediglich, dass das technisch mögliche Einsparpo-
tenzial in den vorliegenden Fällen nicht voll ausgeschöpft wurde.
Dies könne jedoch vielfältige, unter anderem auch bauliche und
verhaltensspezifische Gründe haben.
Die Wirkung und Relevanz von Dämmmaßnahmen stellt sie kei-
nesfalls in Frage: „Wärmedämmung ist auf alle Fälle sinnvoll. Als
Bauherr und Hausbesitzer muss man eben darauf achten, dass die
Ausführung qualitativ gut ist.“
„Moderne Dämmsysteme sind Brandbeschleuniger und
erhöhen die Feuergefahr.“
Wärmedämmung, so der Tenor eines Spiegel-Artikels vom No-
vember 2011, könne Hausbrände verschlimmern. Styroporplatten
seien gefährliche Brandbeschleuniger, Brände in Berlin und Bran-
denburg hätten dies bereits nachgewiesen. Eine Einschätzung, die
Hans-Peter Guschl, Abteilungsleiter Vorbeugender Brandschutz
bei der Feuerwehr Freiburg, nicht teilt. Er kennt den Berliner Fall
und liefert eine andere Einschätzung: „Bei diesem Brand lag das
Problem eindeutig in der falschen Verarbeitung und dem falschen
Material. In Deutschland“, so Guschl weiter, „gelten sehr hohe
Brandschutzstandards.“ Den Vorwurf mancher Kritiker, dass die
Dämmindustrie und ihre Lobby Einfluss auf die Zulassungstests
04 | DIE GEBÄUDEHÜLLE
Die Mär vom „Dämmwahn“
Zu einer modernen
Wärmedämmung gibt
es keine Alternative.