Gespritzt, nicht geschmolzen
GKN Sinter Metals ist führend bei Metallpulver-Spritz-
gussverfahren
Sie sind klein und leicht, selten wiegen sie mehr als 120 Gramm.
Ihr technologisches Gewicht allerdings ist enorm: Stahlformtei-
le, die per Metallpulver-Spritzgussverfahren, dem sogenannten
„Metal Injection Moulding“ (MIM), hergestellt werden. Dahinter
verbirgt sich eine noch junge Zukunftstechnologie zur günstigen
Herstellung hochkomplexer Stahlformteile. Eines der wenigen
Unternehmen, die dieses Verfahren beherrschen, ist GKN Sin-
ter Metals Bad Langensalza, eine Tochter der britischen GKN
plc. Die Muttergesellschaft ist einer der weltweit führenden Pro-
duzenten von Sinterteilen, also aus Metallpulver hergestellten
Werkstücken.
Beim MIM wird Metallpulver mit Kunststoffen und Wachsen ge-
mischt und in speziellen Spritzgussmaschinen in Formen ge-
spritzt. „Das ist vergleichbar mit dem Kunststoff-Spritzguss und
wir können damit eine ähnliche Formenvielfalt erzielen“, sagt
Jack Schwarz, der Werksleiter von GKN Sinter Metals. Als eine
Art Zwischenprodukt entsteht so erst einmal ein sogenanntes
„Grünteil“. Das durchläuft anschließend eine elektronisch ge-
steuerte Sinteranlage. In mehreren Arbeitsschritten werden da-
bei Kunststoffe und Wachse herausgeschmolzen. Danach wird
das zu diesem Zeitpunkt poröse Werkstück bei Temperaturen
um 1300 Grad verdichtet und erhält seine endgültige Form.
Nur wenige Firmen haben das Know-how
Was einfach klingt, ist in Wahrheit eine technische Herausfor-
derung: Die gespritzten Bauteile schrumpfen nämlich im Laufe
des Prozesses um bis zu 18 Prozent. Das muss von den GKN-
Experten genauestens vorausberechnet werden und erfordert
ein hohes Maß an Know-how. Doch der Aufwand lohnt sich. „Mit
dem MIM-Verfahren können wir mit Schmiedestahl vergleichbare
oder sogar noch bessere Eigenschaften erzielen“, sagt Schwarz.
Damit sei dieser Prozess ideal für die Herstellung von kleinen,
kompliziert geformten Teilen mit hervorragenden mechanischen
Eigenschaften. Und für die Kunden kann es auch noch deutlich
günstiger werden. „Durch Wegfall der oft sehr hohen Zerspa-
nungskosten mit gleichzeitig neuen Möglichkeiten in der Konst-
ruktion können wir mit dem MIM-Verfahren Preisvorteile von bis
zu 50 Prozent erreichen.“
Dieses Vorteilspaket wird vor allem in der Automobilindustrie ge-
schätzt, für die das Thüringer Unternehmen aus dem Herz der
Wirtschaft zahllose Teile produziert. So finden sich MIM-Bauteile
beispielsweise in Standheizungen, wo sie hohen Temperaturbe-
lastungen widerstehen müssen, in Kupplungen, in der Motor-
peripherie oder in Turboladern.
Vor allem außerhalb des Automobilbereiches will das Unter-
nehmen weiter wachsen. Schon jetzt finden sich Metallpulver-
Spritzgussteile in vielen Produkten des täglichen Lebens: in
Schreib-, Elektro- und Küchengeräten sowie in Handwerkszeu-
gen, Türschlössern und Fahrrädern. Auch in der Medizintechnik
ist das Unternehmen aktiv. Zum Beispiel produziert es zentrale
Teile für ein Prothesenkniegelenk des Medizintechnikspezialis-
ten Ottobock. „Gerade in der Medizintechnik, aber auch in der
Luftfahrtindustrie sehen wir enormes Wachstumspotenzial“, sagt
Schwarz.
Ein Problem ist allerdings, dass vielen Konstrukteuren die Vor-
teile der relativ neuen MIM-Technologie noch gar nicht bewusst
sind. „Wäre das Wissen um diese Technologie mehr verbreitet,
ließe sich schon bei der Konstruktion einiges besser machen“,
sagt Schwarz. So ließen sich beispielsweise Werkstoffkombina-
tionen für Hochtemperaturanwendungen herstellen, die mit dem
herkömmlichen schmelzmetallurgischen Verfahren nicht möglich
sind. Auch die Verarbeitung unterschiedlicher Stähle in einem
Teil sei mit MIM möglich. „Und wir hier beherrschen das.“