Schule und was dann? Der richtige Weg in den Beruf 2021/2022 - Frankfurt am Main

09 DER WEG IN DEN BERUF AKADEMISCHE VERSUS BERUFLICHE BILDUNG Raumfahrt mit einem durchschnittlichen Einstiegsgehalt von ca. 5.800 Euro rech- nen, so hat ein Architekt zu Beginn seines Arbeitslebens durchschnittlich lediglich 3.000 Euro zur Verfügung. Absolventin- nen und Absolventen der Sozialpädagogik oder der Geisteswissenschaften müssen beim Gehalt meist noch größere Abstriche machen. Demgegenüber ist das Einstiegsgehalt von ausgebildeten Fachkräften oft höher, als man vielleicht meint: Bankkaufleute kön- nen nach ihrer Berufsausbildung mit einem Gehalt von bis zu 3.400 Euro brutto rechnen. Ebenso sind Arbeitskräfte in der Industrie sehr gefragt: Ein ausgelernter Industriemechani- ker wird mit bis zu 2.500 Euro brutto monat- lich entlohnt. Wird später noch eine Höhere Berufsbildung (auch: Aufstiegsfortbildung) absolviert, wie beispielsweise zum Indus- triemeister, werden sogar monatliche Ein- stiegsgehälter in Höhe von bis zu 4.400 Euro brutto erzielt – stets in Abhängigkeit von Branche und Betriebsgröße. Das klassische Vorurteil, dass Akademiker grundsätzlich mehr verdienen als Nichtakademiker, stimmt also nur bedingt. Der insgesamt höhere Gehaltsdurchschnitt wird bei den akade- misch Qualifizierten insbesondere durch Ärzte und Ingenieure angehoben, während andere Berufe deutlich darunter rangieren. Eine berufliche Ausbildung kann also lukra- tiver sein als ein jahrelanges Studium – ins- besondere dann, wenn Absolventen durch die zunehmende Akademisierung immer häufiger dazu gezwungen sind, mit unterqualifizier- ten und somit schlechter bezahlten Jobs ins Erwerbsleben einzusteigen. Perspektivisch dürfte sich das Einkom- mensgefüge sogar insgesamt zugunsten der beruflich Gebildeten verschieben, wenn der Trend zur Akademisierung wei- terhin anhält – wie sich am Beispiel der MINT-Berufe eindrucksvoll belegen lässt: Im Herbst 2019 berechnete das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) eine MINT- Arbeitskräftelücke von insgesamt 263.000 Personen, die zu rund zwei Dritteln im Seg- ment der beruflich Qualifizierten verortet ist. Sie setzt sich zusammen aus 122.900 Personen in MINT-Facharbeiterberufen sowie 48.600 im Bereich der Spezialis- ten- /Meister- / Technikerberufe. Dem- gegenüber steht eine deutlich kleinere akademische MINT-Arbeitskräftelücke von 91.500 Personen. STIMMT ES EIGENTLICH, DASS AKADEMIKER WENIGER OFT ARBEITSLOS SIND ALS NICHT- AKADEMIKER? Das Arbeitslosenrisiko sinkt mit steigen- dem Bildungsniveau – ein ziemlich stabiles Bild: Seit dem Jahr 1975 hat sich die Rang- folge bei den Arbeitslosenquoten in den drei Qualifikationsebenen nicht verändert. Nach Berechnungen des Instituts für Ar- beitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) lag die qualifikationsspezifische Arbeitslosen- quote für Akademiker im Jahr 2018 stabil bei 2,1 Prozent. Bei Fachkräften, die sich zum Meister oder Techniker weiterqualifiziert haben, betrug die Arbeitslosenquote im Ver- gleichszeitraum hingegen lediglich 1,2 Pro- zent – und sank zudem dabei gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 0,3 Prozent- punkte. Dies zeigt: Eine duale Ausbildung mit anschließender Aufstiegsfortbildung schützt noch besser vor Arbeitslosigkeit als ein Studium. Wie auch beim Einkommen kann man beim Thema Arbeitslosigkeit nicht alle Akademiker über einen Kamm scheren. Die Arbeitslosenquote für studierte Werbe- und Marketingspezialisten wurde zuletzt mit 4,5 Prozent angegeben – aber lediglich 1,3 Prozent der Absolventinnen und Absol- venten in der Human- und Zahnmedizin finden keine Beschäftigung, was die Quote insgesamt wieder senkt (vgl. Bundesagen- tur für Arbeit 2019) . STIMMT ES EIGENTLICH, DASS AKADEMIKER IMMER SICHERERE JOBS HABEN ALS NICHTAKADEMIKER? Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Befristungsanteil. Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zufolge lag dieser zuletzt für Nicht­ akademiker mit einer abgeschlossenen dualen Ausbildung oder gleichwertigem Berufsfachschulabschluss bei 6,3 Prozent; für Absolventen einer Meister-/ Techniker- ausbildung bei nur 5,3 Prozent. Der Anteil der Akademiker in einem befristeten Beschäftigungsverhältnis rangierte indes mit 11 Prozent deutlich über diesen Wer- ten. Zwar werden Stellen im Wissen- schaftsbetrieb, die eher von Akademikern eingenommen werden, häufig befristet aus- geschrieben, gleichwohl ist der Unterschied zu den beruflich Qualifizierten beachtlich. FAZIT Mit einem Hochschulabschluss in der Tasche verdient man keineswegs generell mehr als ein Nichtakademiker. Gleichzeitig ist die Chance, nach einem Studium eine unbefristete Anstellung zu finden, gerin- ger als mit einem Abschluss der Höheren Berufsbildung. Höchste Zeit also, mit den gängigen Vorurteilen aufzuräumen und den Karriereweg der beruflichen Bildung noch stärker als lohnende Alternative zum Studium zu bewerben – im Interesse der Fachkräftesicherung der Wirtschaft! Berlin, 15. Mai 2020 DIHK-Ansprechpartner: Julia Flasdick, Bereich Weiterbildung Telefon 030 20308-2550 Markus Kiss, Bereich Ausbildung Telefon 030 20308-2516

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