Infobroschüre 50 Jahre Habichtswald

Das Zusammenwachsen der politischen Gremien und der Verwaltung Kaum hatten sie sich in ihrer „Hassliebe“ gefunden, da tauchte der gemeinsame „Gegner” auf, den abzuwehren erheblich zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühles beitragen sollte. Noch vor Inkrafttreten der Vereinigung, am 23. Dezember 1971 – gewissermaßen als recht verdorbenes Weihnachts- geschenk – teilte der Innenminister per Erlass beiden Gemeinden mit, dass der Zusammenschluss der neuen Gemeinde Habichtswald zunächst als erster Schritt auf dem Weg zu einer weiteren Zusammenlegung mit der Stadt Zierenberg zu sehen sei. Dieses so genannte „Bielefeldpapier“ hatte es in sich. Es konstruierte Verbindungen zwischen den Ortschaften, die damals noch nicht einmal in der Theorie stimmig waren. So wurde behauptet, dass Zierenberg die Nahversorgung für Habichtswald gewährleisten würde, was sich angesichts der fehlenden öffentlichen Verkehrsverbindungen schnell als unsinnig entpuppte. Auch die Bezugnahme auf das gemeinsame Fremdenverkehrsgebiet Habichtswald oder der Verweis auf die Nutzung des Naherholungsbereiches Hoher Dörnberg durch Habichtswalder Bürger*innen erwiesen sich als wenig überzeugende Argumente des Innenministers. Und so formierte sich Habichtswald zum gallischen Dorf in Nordhessen und leistete erfolgreichen Widerstand: Von Stürmen der Entrüstung angetrieben, luden Parteien und Wählergemeinschaften zu gemeinsamen Bürgerversammlungen ein, um über den Sachverhalt zu informieren. In einer Unterschriftenaktion trat die große Mehrheit der Bevölkerung für die Selbständigkeit der Gemeinde Habichtswald ein und war damit am Ende erfolgreich! Nach Beschlussfassung des Gemeindeparlaments für die Kreisgebietsreform, aber gegen die Eingliederung nach Zierenberg im März 1972 wurde am 31. Mai 1972 der endgültige Erhalt der Eigenständigkeit Habichtswalds durch Erlass des Innenministers bestätigt. Wenn heute das Verhältnis zwischen Habichtswald und Zierenberg als freundschaftlich und konstruktiv bezeichnet werden kann, dann ist das wohl in entscheidendem Maße auf das damalige entschlossene Eintreten für zwei starke und zukunftsfähige Kommunen im Wolfhager Land zurückzuführen. Doch der Druck auf die Habichtswalder Kommunalpolitik war groß in jenen Tagen um die Jahreswende 1971/72. So groß, dass sogar eine Eingemeindung in die Großstadt Kassel in Erwägung gezogen wurde. Diese Überlegungen wurden allerdings mit der Perspektive auf die dauerhafte Eigenständigkeit der Gemeinde wieder aufgegeben. In der Gründungsphase der Gemeinde agierten zunächst so genannte Staatsbeauftragte Mitglieder der Gemeindevertretung sowie des Gemeindevorstandes als Übergangsparlament bzw. „Übergangsregierung“. Am 22. Oktober 1972 wählten die Bürger*innen zum ersten Mal eine gemeinsame Gemeindevertretung, die bis heute aus 23 Mitgliedern besteht und sich am 14. November 1972 konstituierte. Erster Bürgermeister der Gemeinde war Konrad Hartmann. Ihm folgten 1979 bis 1991 Rolf Karwecki, 1991 bis 2009 Wolfgang Aßhauer und 2009 bis 2021 Thomas Raue. Seit dem 1. Februar 2021 lenkt nun Dr. Daniel Faßhauer als Bürgermeister die Geschicke unserer Gemeinde. Als 1. Beigeordnete amtierten Heinrich Büchling bis 1975, Willi Eckhardt bis 1977, Georg Carl bis 1981 und Rudi Schellhase bis 1989. Von 1989 bis 1993 hatte Lisl von Oettingen als erste Frau dieses Amt inne und von 1993 bis Juni 2018 Neidhard Heinemann, der es mit 25 Jahren bisher am längsten ausübte. Von Juli 2018 bis April 2021 übte Birgit Bechtel das Amt aus. Am 28. April 2021 wurde schließlich Martin Rosowski zum Ersten Beigeordneten gewählt. Der Gemeindevertretung standen bis 1981 Kurt Jordan, von 1981 bis 2001 Helmut Klein und ab 2001 Hans-Georg Nußbeck vor. Zu Beginn der aktuellen Wahlperiode wurde Sebastian Hillberger in dieses Amt gewählt. Im „Grenzänderungs- und Auseinandersetzungsvertrag“ war auch der Verwaltungssitz geregelt worden: Als Rathaus der Gemeinde Habichtswald sollte die Verwaltungsstelle in Dörnberg fungieren. In Ehlen wurde eine Dependance geschaffen. Nach drei Jahren Bauzeit konnte am 25. September 2004 schließlich das neue Rathaus am BreitenWeg in Dörnberg bezogen werden. Die Nebenstelle ist bis heute im Erweiterungsbau des Dorfgemeinschaftshauses in Ehlen untergebracht. Trotz ihrer anfänglich recht turbulenten Geschichte sind die Gemeinde Habichtswald und ihre Menschen in den vergangenen 50 Jahren zusammengewachsen. Trotz aller Frotzeleien, die auch bei der 100-Jahrfeier vermutlich noch nicht verschwunden sein werden, versteht man sich auch in Ehlen und Dörnberg selbstverständlich als Bürger*in Habichtswalds – mag der eine oder die andere im Herzen auch „Schmandpott“ oder „Kranich“ geblieben sein. 7 parteiübergreifender Aufruf zum Protest (oben), Bürgerversammlung 1972 © Archiv Klein

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