Schule - und was dann? Der Weg in den Beruf. Info-Magazin 2019/20

4 Wer hilft mir weiter? Heute Flüchtling – morgen Fachkraft – Erfolgsbeispiel Mohamed (Fachlagerist) Seit September 2016 absolviert der 22-jährige Somalier eine Ausbil- dung als Fachlagerist bei Schenker Deutschland AG. Das System der dualen Ausbildung in Deutschland kannte Mohamed nicht, als er 2014 nach Deutschland kam. In Somalia ist der Gedanke unbekannt, dass man eine mehrjährige Ausbildung absol- viert, um einen Beruf von der Pike auf zu lernen. In flüssigem Deutsch erzählt Mohamed seine Geschichte. Es ist eine Geschichte, wie sie typisch ist für das Schicksal so vieler junger Flüchtlinge, die seit 2015 in unsere Region gekommen sind. Mohamed wächst in einem von Bürgerkrieg zerrissenen Land auf. Der Vater ist zur Flucht innerhalb des Landes gezwungen und kann die Familie nicht mehr unterstützen. Mit Gelegenheitsarbeiten bringt die Mut- ter die fünf Geschwister nur schwer über die Runden. Mit gerade einmal 16 Jahren entschließt sich Mohamed 2013 zur Flucht. Über den Sudan und Libyen erreicht er Italien. Wie Tausende andere verbringt er Tage und Nächte in einem völlig überfüll- ten Boot auf dem Meer. Nach einem Jahr reist er weiter nach Deutsch- land und stellt in Mannheim seinen Asylantrag. Mohamed hat Glück und einen unbändigen Willen, die Chancen zu nutzen, die sich ihm bieten. Über den Internationalen Bund (IB) Baden kann Mohamed von 2014 bis 2015 einen Deutschkurs belegen. Weil er noch jung genug ist, kann er an der Carlo-Schmid-Schule in Mannheim noch einmal in die Schule gehen. Im Juli 2016 schafft er als Klassenbester den Hauptschulabschluss, und zwar in einer Klasse, in der auch viele Deutsche saßen. Während eines Schulpraktikums im Universitätsklinikum Mannheim zeichnet sich Mohamed durch sein Engagement und seine Zuverlässigkeit aus. Sein Interesse an der Logistik ist geweckt, die seinem Sinn für Systema- tik entgegenkommt. Vermittelt über die IHK Rhein-Neckar absolviert Mohamed in den Pfingstferien 2016 ein Prak- tikum bei der Schenker Deutschland AG. Prompt kommt die Zusage für die Lehrstelle als Fachlagerist. Zwei Jahre später ist Mohamed als Geflüchteter anerkannt, muss sich erst mal keine Sorgen mehr um seinen Bleibestatus in Deutschland machen. Auch die ersten Unsicherheiten in der Ausbildung sind inzwischen verges- sen. Von Anfang an hatte Mohamed Spaß an der Ausbildung und war gut integriert im Team. Nach dem ersten Ausbildungsjahr wurde aber auch klar, dass Mohamed bei allem Engagement ein Jahr länger für seine Ausbildung brauchen würde. Dies war möglich in Abstimmung zwischen IHK Rhein- Neckar und der Berufsschule, die glücklicherweise zusätzlichen Sprach- unterricht anbot. Vom Bildungsträger Biotopia erhält Mohamed in Abstim- mung mit dem Arbeitgeber und der Berufsschule wöchentlich flexibel Nachhilfestunden. Inzwischen berei- tet sich Mohamed auf den Berufs- abschluss vor. In der Schule hat er stabile Noten. Lisa Künzler, Aus- bildungsleiterin bei der Schenker Deutschland AG in Mannheim, ist begeistert von seinem Engage­ ment und ist überzeugt, dass Mohamed den Abschluss als Fach- lagerist schafft. Besonders gefällt ihr, dass „zu 100 Prozent Verlass auf Mohamed ist und dass er immer mehr Verantwortung im Betriebs­ ablauf übernimmt“. Auch Mohamed ist heute überzeugt, dass der Weg über eine duale Aus- bildung zum Fachlageristen für ihn der richtige Weg war. Das gilt, auch wenn der Unterricht in der Berufs- schule gerade im letzten Lehrjahr herausfordernd bleibt. Sein Azubi- Gehalt erlaubt ihm auch bis heute noch keine großen Sprünge. Aber Mohamed sieht seine Ausbildung als Investition, die ihm langfris- tig ein gutes Leben in Deutschland ermöglicht. Er hat andere junge Geflüchtete gesehen, die versuchen sofort zu arbeiten, und dabei nicht vorankommen. Mohamed fühlt sich inzwischen in Mannheim angekommen. Wie andere Jugendliche seines Alters spielt er gerne Fußball, trifft sich mit Freun- den und macht gerne Picknick. An Mannheim gefällt ihm besonders, dass es eine große multikulturelle Stadt ist. Ansprechpartner für die Integration von Flüchtlingen in Ausbildung: Dirk Axtmann Tel.: 0621 1709-822 E-Mail: dirk.axtmann@rhein-neckar.ihk24.de Ulrich Floß Tel.: 0621 1709-821 E-Mail: ulrich.floss@rhein-neckar.ihk24.de 56

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