Tübinger Wegweiser für ältere Menschen und deren Angehörige 2020

Grußwort „Kein noch so genialer Arzt kann seine Patienten heilen, wenn die treue Pflegerin fehlt.“ Gertrud von Le Fort ImPflegeheim jedenfalls ist die treue Pflegerin natürlich oft ein treuer Pfleger und der Patient ist zuallermeist eine Patientin. Diese Patientin ist vermutlich schon im hohen Alter, oft auch demenziell erkrankt. Sie braucht eine fachlich kompetente Pflege. Sie braucht genauso eine liebevolle Zuwendung, Hilfe bei vielen Dingen des täglichen Lebens im Heim. Sie kann sich vielleicht nicht mehr alleine waschen oder anziehen. Sie braucht Unterstützung beim Toilet- tengang, sie braucht jemanden, der mit ihr einen Spaziergang hinaus an die frische Luft macht, sie braucht vielleicht jemanden, der ihren Rollstuhl schiebt. Das alles verbirgt sich hinter dem Wort „treu“. Die treue Pflegerin oder auch die Alltagsbegleiterin ist es, die den Gästen im Pflegeheim zur Seite steht, und wesentlich dazu beiträgt, dass sie sich wohlfühlen. Ich denke manchmal darüber nach, wie es wäre, wenn ich selbst in ein Pfle- geheim umsiedeln müsste. Genau wie die meisten anderen möchte ich meine Unabhängigkeit, meine gewohnte häusliche Umgebung, meine Beweglichkeit und meine frei bestimmte Lebensweise nicht verlieren. Wir alle müssen ja im Alter Abstriche machen. Wir bewegen uns langsamer, sind unsicherer, haben manchmal das Gefühl, dass die Mitmenschen uns nicht ernst nehmen usw. Ich glaube, dass mir ein solcher Schritt in ein Pflegeheim sehr schwer werden würde. Wahrscheinlich würde ich mich nach allem, was mein bisheriges Leben ausmachte, sehnen. Das Miteinander mit der Partnerin, der Familie, die ehren- amtliche Arbeit mit den Kollegeninnen/Kollegen und Partnerinnen/Partnern in der Seniorenarbeit, die Musik mit der Gitarre, die Gedichte, die ich hier oder da vortrage. Kaum etwas davon könnte ich ja mitnehmen. Es wäre mir sehr schwer. Am schönsten wäre es natürlich, wenn ich dann in eine kleine ambu- lant betreute Seniorenwohngemeinschaft umsiedeln könnte. Nun höre ich jemanden sagen: „Gerade bist Du dabei, den Ruf der Pflegehei- me herabzusetzen!“ Wussten Sie, dass über 70 Prozent aller Pflegebedürftigen zu Hause meist von Angehörigen gepflegt werden? Das ist für die Angehöri- gen oft eine riesige Herausforderung, die man oft Tag und Nacht durchste- hen muss. Es gibt diese Stunde der Not, wo nichts mehr geht. Dann brauchen wir Hilfe: einen ambulanten Dienst oder einen Pflegeplatz, vielleicht einen Kurzzeitpflegeplatz, der den pflegenden Angehörigen eine Verschnaufpause gestattet, vielleicht auch durch eine Tagespflege. Für all diese Möglichkeiten 2

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