Informationsbroschüre der Stadt Wehr

6 Ein Blick in die Geschichte Stadtteil Wehr – 10.020 Einwohner Wehr wurde urkundlich erstmals im Jahr 1092 erwähnt. Zusammen mit anderen Adeligen bezeugte Adalgoz vonWerrach eine Schenkung. Von der Burg Werrach aus (heutige Ruine „Schlössle“) beherrschte er das Wehra- tal und den westlichen Hotzenwald. Um 1230 kam die Herrschaft Wehr in den Besitz der Herren von Klingen, deren bedeutendster Spross Walther von Klingen war. Er zählte zu den herausragenden Adeligen seiner Zeit und stiftete 1256 in Wehr das Frauenkloster Klingental, das 1274 wegen der unsicheren Zeitumstände seinen Sitz nach Basel verlegte. Walther von Klingen war nicht nur Grundherr, sondern auch ein bekannter Minnesänger. In der Manessischen Liederhandschrift ist er mit einer herrlichen Miniatur vertreten. Er verkaufte 1272 Wehr an den Grafen Rudolf von Habsburg, der 1273 zum römischen König gekrönt wurde. Bis 1805 währte die habsbur- gisch-österreichische Herrschaft im Wehratal, doch wurde sie seit 1365 durch die Herren von Schönau ausgeübt. Die Manessische Liederhandschrift ist eines der wertvollsten schriftlichen Dokumente aus der Zeit des deutschen Mittelalters. Walther von Klingen, Grundherr von Wehr und Minnesänger, ist mit Texten in der berühmten Liedersammlung vertreten. Eine wunderschöne farbige Miniatur ist ihm gewidmet. Die Szene stellt das beliebte höfischeMotiv des Turnierkampfes zu Pferd und mit Lanzen dar. Dass der Ort schon damals von wirtschaftlicher Bedeutung war, bezeugt die Verleihung des Marktrechtes im Jahr 1363. Bereits im Mittelalter gab es imWehratal eine hochstehende Eisenproduktion, die bis 1863 betrieben wurde. Wasser und Holz (Holzkohle) waren in Wehr vorhanden, während die Erze zur Verhüttung aus dem Fricktal (heute Kanton Aargau/CH) heran- geschafft wurden. So entwickelte sich eine starke handwerklich-industri- elle Tradition, die in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Nährboden für die Industrialisierungwar. Die Herren von Schönau, die aus demgleichnamigen Ort im Elsass stammten und zum elsässischen Uradel zählten, waren treue Gefolgsleute der Habsburger. Sie entfalteten von Wehr aus ihren Einfluss und teilten sich im Laufe der Zeit in mehrere Linien. Wichtige Ämter in Staat, Militär und Kirche wurden von ihnen besetzt. Sie mehrten so erfolg- reich Besitz und Ansehen, dass sie 1668 in den Freiherrenstand erhoben wurden. Um 1570 bauten sie das schönauische Schloss (heute: „Altes Schloss“), dem 1748 das „Neue Schloss“, ein repräsentativer Barockbau mit prächtigemSaal, folgte. Die Zeit ihrer Herrschaft endete zwischen 1820 und 1853, als nach der Auflösung Vorderösterreichs und mit dem Übergang Wehrs zu Baden schrittweise die alten Feudalrechte aufgehoben wurden. Während der Badischen Revolution war Wehr Schauplatz der Verhaftung des Freiheitskämpfers Gustav von Struve, der am 25. September 1848 im Gasthaus Krone festgesetzt wurde. In der Folgezeit kam es durch die An- siedlung von Industriebetrieben zu tief greifenden Veränderungen. Wehr wurde zu einem Zentrum der hochrheinischen Industrie. Die Firmen „Hero- se“ und „Mechanische Buntweberei Brennet“, aber auch andere Textilfa- briken wie z. B. die ehemals für ihre Teppichproduktion weltbekannte „Wehra AG“, sorgten zusammen mit der Papierfabrik „Lenz“ für Wohlstand und Fortschritt, während das gesellschaftliche Leben von den bürgerlichen Vereinen geprägt wurde. Von der Bedeutung der Textilindustrie als Loko- motive der Industrialisierung unserer Region zeugt auch das „Brennet“-Tex- tilmuseum, das der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Eine neue Phase der Industrialisierung brachte der Zweite Weltkrieg. Um vor den Bombenangriffen der Alliierten sicher zu sein, verlegte die chemisch­ pharmazeutische Firma „Ciba AG“ 1943 Sitz und Produktion von Berlin nach Wehr. Auch nach dem Krieg blieb sie dem Standort treu. Aufgrund der ständig gewachsenen Bedeutung erhielt Wehr im Jahr 1950 die Stadtrech- te. Dies führte zu einer Intensivierung des gesellschaftlichen Lebens mit dem Ausbau der entsprechenden Infrastruktur (Schulen, Kultureinrichtun- gen, Sportstätten). 1967 wurden im Rahmen einer Städtepartnerschaft freundschafltiche Beziehungen zur südfranzösischen Stadt Bandol aufge- nommen. 1972 folgte im Zuge der Kommunalreform der Zusammenschluss von Wehr und Öflingen. Heute zählt Wehr mit fast 13.300 Einwohnern zu den wirtschaftlich und kulturell führenden Städten am Hochrhein. Eng mit Wehr verbunden ist dieweltbekannte Geigenvirtuosin Anne-SophieMutter, die hier aufgewachsen ist und ihre Kindheit und Jugend verbrachte. Stadtteil Öflingen – 3.263 Einwohner Öflingen wurde erstmals in einer Urkunde des Jahres 1265 als „Villa Ovelicon“ erwähnt. Wie zahlreiche archäologische Funde beweisen, ist der Ort jedoch viel älter. So wurden beispielsweise Reste römischer Besiedlung nachgewiesen. Öflingen zählte zur alten Grafschaft Wehr und kam mit dieser imJahr 1272 an dieHabsburger. Nachdemsie 1365 als habsburgisches Lehen an die Herren von Schönau fiel, wurde auch Öflingen in den Einfluss- DIE STADT WEHR – EIN PORTRÄT Rathaus Öflingen

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