Seite 14 - Regensburg - Im Spiegel der Zeit

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I
n einem Festakt übergab der Dürener
Bürgermeister seinem Amtskollegen
in Euskirchen am 5. November 1959 ein
mittelalterliches Pergament, das sich
aus unbekannten Gründen im Stadtar-
chiv Düren befand. Dabei handelte es
sich um die auf einer Urkunde festge-
schriebenen Euskirchener Marktrechte.
Am 13. April 1322 erteilten Reinald I.,
Sohn des Walram von Monschau-
Falkenburg, und seine Ehefrau Maria,
ihrer Stadt das Privileg zur Abhaltung
eines Wochenmarktes, jeweils mitt-
wochs sowie einen einwöchigen Jahr-
markt am Tage des heiligen Cornelius
(14. September). Damit verbunden
waren wirtschaftliche und rechtliche
Bestimmungen: So verlieh Reinald
in diesem Privileg den Handwerkern
Vergünstigungen auf die Dauer von
10 Jahren, setzte eine Marktbuße für
Verstöße fest und stellte den Kauf-
leuten, die den Markt besuchten, die
Wahl des Gerichtsstandes frei. Unter
Strafandrohung von 60 Schilling Buße
bestimmte er, dass alle Früchte nur
mit dem geeichten Stadtmaß gemes-
sen werden und der Fruchtverkauf
erst nach einem entsprechenden
Glockenzeichen beginnen durfte.
Zwei, von Amtmann und Schöffen, zu
bestimmende „curmeistre“ waren als
Lebensmittelpolizei einzusetzen. Die-
ser Mittwochswochenmarkt hielt sich
ungefähr 500 Jahre.
Die Geschichte der Jahrmärkte da-
gegen ist wechselvoller. 1528 verlieh
Herzog Johann von Jülich das Pri-
vileg, einen zweiten Jahrmarkt am
Simon – Judatag (28. Oktober) abzu-
halten. Ob der große Stadtbrand im
Jahr 1533 dazu beitrug, dass dieses
Privileg in Vergessenheit geriet, sei
dahin gestellt. Jedenfalls erneuerte
es Herzog Wilhelm von Jülich im Jahr
1579 und setzte nun drei Termine fest:
St. Pauli Bekehrung (25. Januar), Mat-
thäi (21. September) und den Simon-
Judatag. Im Laufe der Jahrhunderte
wurden die Termine noch mehrmals
geändert, zuletzt im 19. Jahrhundert,
als ein Beschluss der Stadtverordneten
von 1894 den Beginn des dreitägigen
Jahrmarktes für immer auf den dem
28. Oktober folgenden Sonntag fest-
legte und den zweiten Jahrmarkt, der
sich ebenfalls schon längst zur Kirmes
entwickelte hatte, auf das Wochenen-
de nach dem Donatus-Tag im Mai.
Zum Abhalten der Märkte steckte man
einen quadratischen Marktplatz (1368
marte) mit vier Zugangsstraßen zwi-
schen dem Euskirchen – Disternicher
und Kessenicher Viertel ab. Hier ent-
stand der „Alte Markt“, das mittelalter-
liche wirtschaftliche Zentrum der Stadt.
Belegt ist ein blühendes Marktleben für
lokale Produkte, aber auch Fernhandel,
dessen Produkte über den Brabanter
Weg von Antwerpen nach Euskirchen
gelangten, ist nachweisbar. Verkauft
wurden auch Heringe und Stockfisch,
Farben, Alaun, Gewürze, Seide, Rosinen
und Feigen. Zur Platzgestaltung ge-
hörten früher ein Pranger (1625) bzw.
ein Drillhäuschen und ein öffentlicher
Brunnen (1606), der durch einen Pum-
penpfeiler (1867) ersetzt wurde.
Bis heute ist der Alte Markt Mittelpunkt
des öffentlichen Lebens mit Kirmessen,
Festaufzügen und politischen, gesell-
schaftlichen wie kirchlichen Veranstal-
tungen. Eine repräsentative bürgerliche
Bebauung machen ihn zur „guten“
Wohn- und Geschäftsadresse. Das heu-
te älteste Einzelhandelsgeschäft auf
dem Alten Markt ist mit über 150-jähri-
ger Tradition das Schuhhaus Bollig.
1322 Ein Meilenstein
Erteilung der Marktrechte
Schuhhaus Bollig um
1900, Foto: StA Eu
Wochenmarkt um 1900,
Foto: StA Eu
1322