Nach einer in der Kirche erhaltenen Inschrift wurde der Grundstein für die Marienkapelle am 27. Juni 1508 gelegt. Die Kapelle wurde als spätgotischer Bau in den Jahren 1508 und 1516 von Martin von Urach an der Stele eines älteren Vorgängerbaus errichtet. Abgesehen von Verwaltungsbauten ist die Marienkapelle das einzige Klostergebäude, das den Brand von 1692 unversehrt überstanden hat. Die hohe zweistöckige Kapelle wird unten als evangelische Gemeindekirche genutzt.

Im Obergeschoss der Marienkapelle befindet sich, als architektonische Besonderheit, der ehemaligen Bibliothekssaal des Klosters.Das gotische Deckengewölbe, das im 18. Jahrhundert ersetzt worden war, wurde bei der Renovierung 1888- 92 wieder eingezogen. Aus dieser Zeit stammt auch die Verlängerung der Westseite mit dem Radfenster und den beiden Treppentürmchen. Der zierliche Innenraum der Marienkapelle besticht durch eine ausgewogene Farbigkeit, durch restaurierte Deckenmalereien, eine hölzerne Kanzel sowie farbenprächtige Glasfenster von Wolf-Dieter Kohler, die im Zuge der Renovierung 1970 in die gotischen Fensterlaibungen eingesetzt wurden. Den Abschluss der Wandsäulen bilden Büsten der zwölf Apostel. Die Figuren tragen Spruchbänder, auf denen Teile des Glaubensbekenntnisses stehen, das die Apostel nach alter Überlieferung gemeinsam verfasst haben sollen. Zu den Apostelfiguren ist ein Führer erschienen, der in der Marienkapelle zu erwerben ist.