Seite 5 - M_Chronik_Leseprobe

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Grußwort
M
ünchen ist eine Stadt, die be­
geistern kann. Von überallher
kommen Menschen zu Besuch und
lassen sich hineinnehmen in die hei­
tere, manchmal auch etwas kantige
Lebensart der Münchner. Sie tauchen
ein in das reiche kulturelle Angebot
von der Antike bis zur Moderne, genie­
ßen eine Brotzeit in einem Biergarten,
staunen über das Zusammenspiel
von modernem, urbanem Leben und
bewahrter, lebendiger Tradition und
nehmen ein klein wenig das oftmals
als italienisch beschriebene Lebensge­
fühl des entspannten münchnerischen
Miteinanders an.
Seit meinem Amtsantritt und Zuzug
nach München darf ich diese helle Sei­
te Münchens auch erleben und habe
sie sehr schätzen gelernt. In Zeiten der
Muße bietet München ein reichhaltiges
Angebot der Erholung, der Inspiration
und des kulturellen Austauschs.
Aber München ist mehr als eine fröh­
liche Insel genussvollen Lebens.
Als Erzbischof bleiben mir auch die
schweren und leidvollen Aspekte nicht
verborgen. Menschen unterschied­
licher Kulturen, Herkunft und Glau­
bensüberzeugungen kommen hier
zusammen. Sie suchen Wohnung und
Arbeit und Teilhabe am gesellschaftli­
chen Austausch. Neben großem Reich­
tum findet sich bedrückende Armut.
Alt und Jung, Familien und Singles,
Einheimische und Zugezogene, alle
müssen miteinander Formen friedli­
chen und gedeihlichen Zusammen­
lebens entwickeln, sodass München
für alle ein lebenswerter Ort bleibt.
An all diesen Entwicklungen und Fra­
gen nimmt die katholische Kirche
Anteil und arbeitet mit, damit Lebens­
qualität für alle möglich wird und er­
halten bleibt. In guter Kooperation
mit den Behörden und Einrichtun­
gen leistet die katholische Kirche mit
ihren Sozialverbänden und anderen
kirchlichen Trägern einen wichtigen
Beitrag zum Gelingen des Lebens in
dieser Stadt. Das Engagement reicht
von Kindertagesstätten über Schulen,
Hochschulen und die Erwachsenen­
bildung bis hin zu Altenheimen, Pfle­
gediensten und Krankenhäusern. Sie
finden Beratungseinrichtungen aller
Art, Sozialdienste zur Unterstützung
in verschiedenen Notsituationen, Be­
treuung von Asylsuchenden genauso
wie ein ganz vielfältiges und anregen­
des Programm für alle Generationen
in über 170 Pfarreien in der Stadt. Kir­
che in München ist lebendig und will
nahe mit und bei den Menschen sein.
Nicht zuletzt durch Architektur und
Kultur ist die katholische Kirche in
München präsent. Aus allen Jahr­
hunderten seit der Gründung finden
Sie sakrale Bauten. Weit lassen sich
die größten Kirchentüren der Welt
in der Pfarrkirche Herz Jesu in Neu­
hausen (gebaut im Jahr 2000) öffnen
und zeigen so, dass uns Menschen
willkommen sind. Dies gilt selbst­
verständlich auch für meine Bi­
schofskirche, die Frauenkirche, das
Wahrzeichen Münchens. Wenn Sie
die vielen Kirchen besuchen, sind Sie
herzlich eingeladen, nicht nur Archi­
tektur und Kunst zu bestaunen oder
Kirchenmusik zu hören, sondern sich
auch die Zeit zu nehmen, innezuhal­
ten und still zu werden in der Hektik
einer Großstadt. Kirchen sind auch
heute keine Museen, sondern Orte ge­
lebten Glaubens, an denen Menschen
im Gebet und Gottesdienst Kraft und
Orientierung finden. Jeder ist eingela­
den, daran teilzunehmen, und wir freu­
en uns, wenn Sie kommen.
Als ich nach München berufen wurde
als neuer Erzbischof, bin ich herz­
lich und freundlich aufgenommen
worden. Inzwischen ist mir die Stadt
auch Heimat geworden. Ich habe
die Menschen und ihr Engagement
schätzen gelernt. Ich wünsche Ih­
nen, dass auch Sie sich hier ­ebenso
zu Hause fühlen, sei es als echter
Münchner, als Besucher oder als Zu­
gezogener wie ich. Die katholische
Kirche begleitet Sie dabei gerne.
Reinhard Kardinal Marx,
Erzbischof von München und Freising
Reinhard Kardinal Marx