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Diese Funde bewiesen, dass am
Paderhang eine Pfalz des fränkischen
Königs und späteren Kaisers, Karl
der Große, gestanden hatte. Es musste
ein bedeutender Herrschaftssitz ge-
wesen sein, denn die Archäologen
fanden eine Glaswerkstatt für die
Herstellung von Fenstern und Reste
von bemaltem Wandputz. Den gab es
zu dieser Zeit eigentlich nur südlich
der Alpen.
Offensichtlich wollte der fränkische
Herrscher mit dem befestigten Ort,
der „Karlsburg“, ein Zeichen setzen –
im Kampf gegen die Sachsen und für
die Missionierung des Sachsenlandes.
777 fand hier der erste Reichstag
unter Karl dem Großen statt. Gleich-
zeitig wurde die Siedlung „Patris-
brunna“ an den Paderquellen zum
ersten Mal offiziell erwähnt. Befrie-
det war das Sachsenland noch lange
nicht. Zweimal, vermutlich 778 und
793/794, kamen die Sachsen zurück
und zerstörten die Karlsburg. Den-
noch machte Karl die Burg zeitweilig
zum Herrschaftsort seines Reiches.
Fünfmal tagte die Reichsversamm-
lung in der Pfalz an der Pader.
Das herausragende Ereignis war der
Besuch von Papst Leo III. im Jahr
799. Weil sich der Kirchenfürst in
Rom nicht durchsetzen konnte und
um sein Leben fürchtete, suchte er
Hilfe beim Frankenkönig. Papst und
König gründeten nebenbei auch das
Bistum Paderborn. Im Jahr darauf
krönte der in seiner Position ge-
festigte Leo III. in Rom den fränki-
schen König zum Kaiser.
Auch nach Karls Tod hielten sich
mehrere Könige in der Pfalz auf, wei-
tere Reichsversammlungen fanden
hier statt. Gut zweihundert Jahre
lang war die karolingische Pfalz das
Zentrum der befestigten Stadt, bis
sie dem großen Stadtbrand im Jahre
1000 zum Opfer fiel.
Als auch der Nachfolgebau, die ot-
tonische Pfalz, in der zweiten Hälfte
des 12. Jahrhunderts niederbrannte,
machte sich niemand mehr die Mü-
he, die Brandschäden zu beheben.
Anfang des 13. Jahrhunderts ver-
schwanden die Trümmer endgültig
unter einer sechs bis acht Meter ho-
hen Schicht von Bauschutt, der beim
Abriss des Domes anfiel – bis die
Bauarbeiter 1963 auf die Reste der
Pfalzen stießen.
Ein Festmahl in der Pfalz
Dass Paderborn ganz zu Beginn sei-
ner Stadtgeschichte eine große Be-
deutung gehabt hatte, darauf deute-
ten in den 1960er Jahren nur noch
einige schriftliche Erwähnungen und
sagenhafte Überlieferungen hin. So
berichtete ein Zeitzeuge in dem Epos
„Karolus Magnus et Leo Papa“ von
einem „berühmten Ort, wo Pader
und Lippe fließen;
er liegt auf der Hö-
he in einer kahlen
Ebene, ringsum
dehnt sich weit das
Gelände.“
In einer Sage hieß
es, unter dem Dom
sollten die glanz-
vollen Mauern eines Palastes stehen.
Und Karl der Große, so die Überlie-
ferung, habe von der „Roten Pforte“
an der Nordseite des Domes sein
Todesurteil über aufständische
Sachsen gesprochen.
Die Pfalz an den Paderquellen
scheint den Verhandlungspartnern
von 799 gefallen zu haben, glaubt
man den Quellen: „Sowie der Gottes-
dienst nach Gebühr vollendet, bittet
Karl Papst Leo zu sich in den hohen
Palast. Herrlich erstrahlt darin mit
gewebten Teppichen die Halle, von
Gold und Purpur reich geschmückt
sind überall die Sitze.
Man sitzt zu
Tische frohge-
mut, genießt
gar manchen
leckeren Bissen;
so feiert man
das Festmahl
drinnen in der
Pfalz."
Die Ausgrabungsfläche der
Pfalzen vom Domturm aus
gesehen
Foto: Stadtarchiv Paderborn
Die Ausgrabungsfläche heute – links die auf historischen Grundmauern
errichtete moderne „Kaiserpfalz“, ein Ausstellungs- und Veranstaltungs-
ort, hinten die um 1017 erbaute Bartholomäuskapelle, die älteste
bekannte Hallenkirche nördlich der Alpen
Foto: Ansgar Hoffmann
Der erste Zeuge aus dem
Mittelalter: Als man 1935
das Haus Ikenberg 11 nie-
derriss, kam dieser imposan-
te Rundbogen ans Licht –
den man zuerst für das Tor
eines Pferdestalls hielt.
Foto: Stadtarchiv Paderborn/Michels