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836
Der Stadtpatron
Er ist Patron der Stadt, des Doms und des Erzbistums. Am heiligen
Liborius kommt niemand in Paderborn so schnell vorbei. Doch als
„Brückenbauer Europas“ wirkt er weit über die Stadtgrenzen hinaus.
A
m 29. April 836 erreicht eine
Reisegruppe die Paderborner
Bistumsgrenze. Erconrad, ein Geist-
licher, berichtet: „... in Sachsen ein-
ziehend konnten wir kaum schritt-
weise vorankommen wegen der über-
großen dichtgedrängten Menge.“
Es ist die Delegation mit den Reli-
quien des heiligen Liborius, die so
begeistert empfangen wird. Nach vier
Wochen kehrt sie aus dem französi-
schen Le Mans zurück. Mehr noch:
Der Triumphzug wird von Wundern
begleitet. Als er zu Pfingsten in Salz-
kotten ankommt, ereignen sich dort
gleich fünf unerklärliche Begeben-
heiten. Kurz vor Paderborn beginnt
ein taubstumm geborener Junge zu
sprechen. „Rufend und Gott lobend“
kündigt er die Ankunft des heiligen
Liborius an. Da, wo die Reliquien in
die Stadt einziehen, entsteht später
die Liboriuskapelle.
Man muss diesen Legenden nicht
wortwörtlich glauben, aber sie lenken
den Blick auf die enorme Bedeutung,
die der Heilige seit diesen Frühlings-
tagen im Jahr 836 für Paderborn hat.
Von Anfang an war die Wirkung be-
Spezialheiliger
für die Steinsucht
Wie bedeutend der Heilige in den
Jahrhunderten nach seiner Überfüh-
rung in Paderborn wirklich war, lässt
sich nur vermuten. Dompatron wurde
er erst im 11. Jahrhundert. Nach sei-
ner Ankunft in Paderborn dauerte
es immerhin fünfhundert Jahre, bis
sich Liborius auch als Bistumsheili-
ger durchgesetzt hatte. Aus dieser
Zeit stammt der Bericht über die erste
Wunderheilung. Danach wurden 1267
die Bitten des Erzbischofs Werner
von Mainz um Erlösung von seinem
Nierensteinleiden erhört. Liborius
avancierte zum Spezialheiligen für
die „Steinsucht“. Kein Zufall, denn
genau diese Krankheit kam bei dem
stark kalkhaltigen Wasser der
Paderquellen häufig vor.
Spätestens seit dem 16. Jahrhundert
weitete sich die Liboriusverehrung
aus und der Schrein des Heiligen im
Dom wurde zum Pilgerziel (vgl. 1521).
Angelockt wurden leider auch die
Landsknechte des „tollen Christian“,
die den Liboriusschrein einschmolzen,
daraus „Pfaffenfeindtaler“ prägten
und die Gebeine des Heiligen ver-
kauften (vgl. 1622). Als die Reliquien
glücklich wieder zurückgebracht
wurden, feierten die Paderborner
1627 zum ersten Mal Kleinlibori.
absichtigt. Es hatte religiöse und po-
litische Gründe, dass der Paderborner
Bischof Badurad die sterblichen Über-
reste des Bischofs Liborius feierlich
ins Sachsenland holen ließ. Das
Christentum der gerade missionier-
ten Sachsen musste weiter gefestigt
werden. Den gerade getauften Chris-
ten mit Reliquien neue Vorbilder zu
bieten, erleichterte die Auseinander-
setzung mit den alten, heidnischen
Götterkulten.
Für die Beschaffung einer geeigneten
Reliquie nutzte Badurad seinen guten
Kontakt zu Kaiser Ludwig dem From-
men, der den Sachsen Aldrich zum
Beichtvater hatte. Aldrich war Bischof
von Le Mans. Wahrscheinlich verfiel
man deshalb darauf, den vier Jahr-
hunderte vorher gestorbenen Liborius
nach Paderborn zu überführen.
Viel ist nicht bekannt über den Bi-
schof, dessen Gebeine die Paderbor-
ner Delegation 836 in Le Mans in
Empfang nahm: Ein guter Bischof
sei er gewesen, Wunder habe er ge-
wirkt, und der heilige Martin von
Tours habe zu seinen Freunden ge-
hört, hieß es.
Dem Bild des heiligen
Liborius und seinem
Namen begegnet man
an vielen Stellen in
der Paderstadt.
Foto: Ansgar Hoffmann