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Pflegeurlaub, Pflegezeit und soziale Absicherung pflegender Angehöriger

Soziale Absicherung

Wer einen Pflegebedürftigen in seiner häuslichen Umgebung ehrenamtlich pflegt, hat Anspruch auf soziale Absicherung. Versichert ist man für die Zeit der Pflegetätigkeit in der Renten-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung. Auch die Rückkehr ins Erwerbsleben nach Beendigung der Pflegetätigkeit wird von der Bundesagentur für Arbeit gefördert (s. S. 144 f.). Die Pflege wird außerdem hinsichtlich der sozialen Sicherung mit einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt.

Rentenversicherung

Die Pflegekassen zahlen für die Pflegepersonen Beiträge zur Rentenversicherung, die mindestens 10 Stunden wöchentlich und mindestens 2 Tage pro Woche pflegen. Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn mehrere Pflegebedürftige gepflegt werden. Der zeitliche Aufwand kann dann zusammengerechnet werden. Nicht berücksichtigt wird diese Pflegetätigkeit u. a. allerdings, wenn die Pflegeperson mehr als 30 Stunden pro Woche erwerbstätig ist oder die Pflegeperson bereits Regel-Altersruhegeld bezieht. Eine ähnliche Regelung gilt für die Arbeitslosenversicherung. Berechnungsbeispiele dafür erhalten Sie bei Ihrer Pflegekasse. Die Gutachterinnen und Gutachter der Pflegekasse prüfen bei Feststellung der Pflegebedürftigkeit, ob ehrenamtliche Pflegepersonen die Pflege übernehmen, und stellen den Aufwand der notwendigen Pflege fest. Die Pflegekassen versenden dann die entsprechenden Anträge.

Arbeitslosenversicherung

Wer u. a. wegen der Pflege einer Person unmittelbar vorher, maximal innerhalb eines Monats vor Beginn der Pflege, eine Beschäftigung beendet, bei der auch Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt wurden, oder Lohnersatzleistungen wie z. B. Krankengeld oder Arbeitslosengeld bezogen hat, bei dem werden unter Umständen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entrichtet. Damit soll man im Anschluss an eine beendete Pflege erneute Ansprüche gegenüber der Bundesanstalt für Arbeit auf Arbeitslosengeld oder auch auf berufliche Rehabilitationsmaßnahmen haben. Näheres erläutert die Pflegeversicherung bzw. die Bundesanstalt für Arbeit. Bisherige Arbeitslosenversicherungen aufgrund einer Pflege werden automatisch umgewandelt.

Unfallversicherung

Neben der Rentenversicherung sind die ehrenamtlichen, häuslichen Pflegepersonen auch automatisch gesetzlich unfallversichert, da sie sich bei ihrer Pflegetätigkeit (oder auf dem Weg zur Pflege) verletzen können. Die gesetzliche Unfallversicherung tritt dann mit Leistungen wie medizinischer Heilbehandlung oder Verletztenrente ein. Voraussetzung für diesen Versicherungsschutz ist hier wieder die ehrenamtliche – nicht eine erwerbsmäßige – Pflegetätigkeit in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürftigen.
Wichtig: Der Unfallversicherungsschutz besteht auch, wenn ab dem Pflegegrad 2 an weniger als 10 Stunden/2 Tagen pro Woche gepflegt wird! Falls man bereits vor dem 01.01.2017 eine Person pflegte, gibt es einen Besitzstandsschutz auch dann, wenn die zu pflegende Person keinen Pflegegrad oder nur den Pflegegrad 1 hat.
Träger der Unfallversicherung sind die für die Kommunen zuständigen Unfallkassen oder Gemeindeunfallversicherungsträger. Ihre Pflegekasse kann Kontakt zu diesen Stellen aufnehmen und damit die Prüfung einleiten, ob die Voraussetzungen zur Anerkennung eines Arbeitsunfalles gegeben sind.

Beruf und Pflege

Der Gesetzgeber will die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und familiärer Pflege verbessern und hat dafür im Pflegezeitgesetz und Familienpflegezeitgesetz Möglichkeiten geschaffen: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können für die Pflege naher Angehöriger freigestellt werden, bei „kurzzeitiger Arbeitsverhinderung“ bis zu 10 Arbeitstage (2 Wochen), bei „Pflegezeit“ bis zu 6 Monaten, bei „Familienpflegezeit“ bis zu 2 Jahren. In dem Fall besteht ein gesetzlicher Kündigungsschutz. Kündigungen dürfen hier nur in besonderen Fällen, mit Zustimmung des Landesamtes für Arbeitsschutz, ausgesprochen werden.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung (bis 10 Tage) und Pflegeunterstützungsgeld

Den Anspruch auf eine Arbeitsverhinderung (bis 10 Tage) haben hier alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unabhängig von der Betriebsgröße. Die „kurzzeitige Arbeitsverhinderung“ muss der Pflegekasse unverzüglich mitgeteilt werden, am besten mit ärztlicher Bescheinigung. Es muss sich um eine akute und außergewöhnliche Pflegesituation handeln; dazu zählt u. a. auch eine Sterbebegleitung oder eine Verschlimmerung der Pflegebedürftigkeit einhergehend mit einer Änderung der Pflege. Das kann z. B. nach einer Krankenhausbehandlung die erstmalige Inanspruchnahme eines Pflegedienstes oder aber auch umgekehrt der mutmaßliche Wechsel von der häuslichen Pflege in eine Heimpflege sein. Wer die kurzzeitige Arbeitsverhinderung in Anspruch nimmt, erhält ein Unterstützungsgeld, in der Regel von 100 % des tatsächlich ausgefallenen Nettoentgeltes, wenn Einmalzahlungen Bestandteil des Lohnes bzw. Gehaltes waren; ansonsten 90 %. Dies muss umgehend bei der Pflegekasse der oder des Pflegebedürftigen beantragt werden. Dazu gehört ein ärztliches Attest, mit der Bestätigung, dass Pflegebedürftigkeit vorliegt und dass eine dauerhafte Versorgung organisiert werden muss. Musteratteste haben die Pflegekassen.

Die Pflegezeit (bis 6 Monate)

Für die Pflege naher Angehöriger, welche mindestens den Pflegegrad 2 haben müssen, kann man sich unbezahlt für längstens 6 Monate von der Arbeit oder Ausbildung freistellen lassen. Dies gilt auch für Beamtinnen und Beamte. Selbstständige haben keinen Anspruch auf Pflegezeit. Bei Betrieben mit 15 oder weniger Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kann eine Freistellung auf Grundlage des Pflegezeitgesetzes nur mit Zustimmung des Arbeitgebers erfolgen.
Für die Begleitung Angehöriger in der letzten Lebensphase kann eine Freistellung für bis zu drei Monate in Anspruch genommen werden, auch bei einem Hospizaufenthalt.
Die Pflegeperson muss in der Pflegezeit ihren Krankenversicherungsschutz sicherstellen, etwa über eine kostenfreie Familienversicherung oder eine freiwillige Versicherung. Bitte sprechen Sie dazu mit Ihrer Krankenkasse. Der aufgrund der unbezahlten Freistellung entstandene Einkommensverlust kann zu max. 50 % durch ein Bundesdarlehen (bitte vorher Beratung dazu einholen) ausgeglichen werden.

Nahe Angehörige im Sinne des Pflegezeitgesetzes sind:
Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehegatten, eheähnliche Gemeinschaften/Lebenspartnerinnen und Lebenspartner, Geschwister, Ehegatten der Geschwister, Geschwister der Ehegatten, Lebenspartner der Geschwister, Geschwister der Lebenspartner, Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder bei Eheleuten und eheähnlichen Gemeinschaften/ Lebenspartnerschaften, Schwiegerkinder und Enkelkinder

Die Familienpflegezeit (bis 2 Jahre)

Das Gesetz zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf regelt, dass pflegende Angehörige ihre wöchentliche Arbeitszeit für maximal 2 Jahre auf bis zu 15 Stunden/Woche reduzieren können. Sie müssen dabei in einem Betrieb mit mehr als 25 Beschäftigten arbeiten. Beamtinnen und Beamte haben ebenfalls diesen Anspruch, Selbstständige hingegen nicht. Beschäftigte haben in der Familienpflegezeit außerdem Anspruch auf ein zinsloses Darlehen zur Absicherung des Lebensunterhaltes. Das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben übernimmt die Abwicklung der Ansprüche auf dieses zinslose Darlehen. Siehe:
www.bmfsfj.de